Rz. 169

Bei den Feststellungen nach § 1 der VO zu § 180 Abs. 2 AO hat die Finanzverwaltung eine Vielzahl von Ermessensentscheidungen zu treffen:

  • Es liegt im Ermessen, ob überhaupt eine gesonderte Feststellung durchgeführt werden soll.
  • Es liegt im Ermessen der Verwaltung zu entscheiden, welche Besteuerungsgrundlagen für welche Steuerarten festgestellt werden.
  • Es liegt im Ermessen zu entscheiden, ob alle in Betracht kommenden Besteuerungsgrundlagen oder nur ein Teil von ihnen festgestellt werden soll.[1]
  • Es liegt im Ermessen zu entscheiden, welchen Personen gegenüber die Feststellung erfolgen soll, insbesondere ob sie allen Betroffenen gegenüber erfolgt oder nur bestimmten Personen gegenüber.
  • Schließlich liegt es im Ermessen der Verwaltung, ob sie durch Bescheid feststellen will, dass keine gesonderte Feststellung erfolgen soll (vgl. Rz. 156).

Diese Entscheidungen sind nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde zu treffen. Dabei ist der Zweck der Verordnungsermächtigung zu beachten. Die Finanzbehörde darf daher nur Aspekte der Einheitlichkeit der Entscheidung und der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens in ihre Ermessensentscheidung einbeziehen.[2] Stützt die Finanzbehörde ihre Ermessensentscheidung auf andere Erwägungen, liegt Ermessensfehlgebrauch vor. Nicht berücksichtigt werden darf z. B., ob und dass einzelne Faktoren, die festgestellt werden sollen, bei einigen Beteiligten bereits im ESt-Bescheid berücksichtigt worden sind.[3] Die Finanzbehörde muss in dem Feststellungsbescheid deutlich machen, welche Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden sollen, und welche nicht in die Feststellung einbezogen werden. Sinnvoll ist eine ausdrückliche Bezeichnung der nicht erfassten Besteuerungsgrundlagen. Es genügt aber auch, wenn sich aus der Auslegung des Feststellungsbescheids ergibt, welche Besteuerungsgrundlagen in der gesonderten Feststellung nicht erfasst werden sollten.[4]

 

Rz. 170

Grundsätzlich ist es bedenklich, die gesonderte Feststellung in das Ermessen der Verwaltung zu stellen; eine nachgeholte gesonderte Feststellung durchbricht Bestandskraft und Festsetzungsfrist.[5] Dies ist bei Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen. Eine gesonderte Feststellung darf daher nur dann erfolgen, wenn dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung oder zur Erleichterung des Besteuerungsverfahrens notwendig ist. Nur zu dem Zweck, Bestandskraft und/oder Festsetzungsfrist der ESt-Festsetzungen der Beteiligten zu durchbrechen, kann die Feststellung nicht genutzt werden. Hat die Verwaltung zeitnah keine Feststellung erlassen, und sind die Steuerfestsetzungen eines nicht nur geringfügigen Teils der Betroffenen bereits bestandskräftig geworden bzw. nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO ergangen, wäre eine Feststellung ermessensfehlerhaft, weil dann in untragbarem Ausmaß die Bestandskraft ausgehöhlt würde. M.E. ist das für die gesonderte Feststellung zuständige FA gehalten, den jeweiligen Wohnsitzfinanzämtern Mitteilung zu machen, wenn es eine gesonderte Feststellung durchführen will; die Wohnsitzfinanzämter trifft dann die Obliegenheit, entweder die ESt-Veranlagungen zurückzustellen oder mit dem Hinweis auf die gesonderte Feststellung zu versehen. Unterbleibt dies und entsteht daher bei den Beteiligten der Eindruck, dass die Sache entschieden sei, darf die Feststellung insoweit nicht mehr durchgeführt bzw. nicht mehr ausgewertet werden.

 

Rz. 171

Soweit bei der gesonderten Feststellung bzw. bei dem Nichtfeststellungsbescheid (Rz. 156). Ermessensentscheidungen zu treffen sind, hat die Verwaltung diese zu begründen. Die Begründung hat so eingehend zu sein, dass der Adressat prüfen kann, ob die Voraussetzungen der Feststellung vorliegen, ob die Feststellung sich im Rahmen der Ermächtigung hält und warum die Verwaltung ihr Ermessen so und nicht anders ausgeübt hat.[6] Zu begründen ist insbesondere, aus welchen Gründen einzelne Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden, andere aber nicht oder nur teilweise, und warum die Feststellung auf bestimmte Personen beschränkt wird.

Eine fehlende oder unvollständige Begründung kann bis zum Ende des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens nachgeholt bzw. ergänzt werden, im gerichtlichen Verfahren aber nicht mehr.[7] Ist bis zum Beginn des finanzgerichtlichen Verfahrens keine ordnungsmäßige Begründung gegeben worden, ist die Feststellung rechtswidrig und allein aus diesem Grund aufzuheben. Es ist zu bezweifeln, ob sich die Verwaltung mit der Einräumung eines umfangreichen Ermessens in der VO zu § 180 Abs. 2 AO einen guten Dienst erwiesen hat.

 

Rz. 172

Die Verwaltung hat in BMF v. 2.5.2001, IV A 5 – S 0361 – 4/01, BStBl I 2001, 256 Ermessensrichtlinien aufgestellt, die die Verwaltung im Wege der Selbstbindung binden. Danach sind Feststellungen, die in dem Schreiben nicht genannt sind, regelmäßig nicht vorzunehmen. Die Verwaltung ist aber nicht gehindert, solche Feststellungen bei Vorliegen besonderer Gründe (z. B. im Einzelfall drohende abweichende Entscheidungen; beson...

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