Rz. 160

Nach § 175 Abs. 2 S. 1 AO gilt auch der Wegfall der Voraussetzungen einer Steuervergünstigung als rückwirkendes Ereignis, wenn diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss oder durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass diese Voraussetzung die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die Vorschrift ist systematisch verfehlt, da die Voraussetzungen der Steuervergünstigungen in den jeweiligen materiellen Gesetzen enthalten sein müssen und es sich insoweit nicht um eine Vorschrift zur Durchbrechung der Bestandskraft handelt.[1]

Beispiele sind etwa die Verbleibensfrist für das Wirtschaftsgut von drei Jahren bei der InvZulage, die Bindungsfrist für 8 Jahre bei der Bewertungsfreiheit für Handelsschiffe nach §§ 82f. Abs. 3 EStDV, die Bindungsfrist von 5 Jahren für eine Anteilsveräußerung nach einer Spaltung nach § 15 Abs. 2 S. 4 UmwStG sowie die Einhaltung der Lohnsummenregelung für 5 bis 7 Jahre bei dem Verschonungsabschlag, dem Abzugsbetrag und dem Entlastungsbetrag nach §§ 13a, 19a ErbStG. Aufgrund dieser materiellen Regelungen würde sich die Rückwirkung auch ohne die Bestimmung des § 175 Abs. 2 S. 1 AO ergeben.

 

Rz. 161

Der zweite Tatbestand der Vorschrift, dass ein Verwaltungsakt eine besondere Voraussetzung für die Gewährung einer Steuervergünstigung feststellt, kann nur Fälle betreffen, in denen dieser Verwaltungsakt nicht ohnehin Grundlagenbescheid ist, weil dann eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO erfolgt, nicht nach Nr. 2. Gemeint sein können nur besondere Voraussetzungen, die im Einzelfall in den Verwaltungsakt aufgenommen worden sind. Praktisch dürften solche Fälle selten sein.[2]

[1] So zu Recht Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 175 AO Rz. 52.
[2] V. Wedelstädt in Gosch, AO/FGO, § 175 AO Rz. 70.

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