Rz. 152

Der Stpfl. kann sich nach Treu und Glauben dann nicht darauf berufen, dass eine Tatsache oder ein Beweismittel der Finanzbehörde hätte bekannt sein müssen, wenn er seinerseits den Sachverhalt nicht richtig dargetan, also seine Mitwirkungspflichten verletzt hat.[1] Dabei kommt der Steuererklärungspflicht besondere Bedeutung zu. Es ist in erster Linie Sache des Stpfl., den für die Besteuerung erheblichen Sachverhalt eindeutig, vollständig und richtig zu schildern, die notwendigen Unterlagen beizufügen und auf den Inhalt von Akten zu verweisen, die vom Sachbearbeiter nicht selbst geführt werden.[2] Der Stpfl. verletzt daher seine Mitwirkungspflicht, wenn er in der Steuererklärung zu entscheidungsrelevanten Sachverhalten entweder überhaupt keine Angaben (die entsprechende Zeile des Vordrucks unausgefüllt lässt) oder falsche Angaben macht.[3] Schädlich sind also sowohl positive unrichtige Angaben als auch das Unterlassen von notwendigen Angaben.[4]

 

Rz. 153

Unklarheiten, die zur Irreführung der Finanzbehörde geeignet sind, sowie objektiv unwahre oder fehlende Angaben in der Steuererklärung gehen zulasten des Stpfl..[5] Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht liegt auch vor, wenn der Stpfl. dem FA nur Bruchstücke des Sachverhalts mitteilt, die das FA nicht als zusammengehörig erkennen muss, und daher dem FA die umfassende Kenntnis des Sachverhalts vorenthält.[6]

 

Rz. 154

Die Finanzbehörde kann Erklärungen des Stpfl. nach ihrem Wortlaut verstehen, sie muss nicht jeder möglichen Interpretation nachgehen. Es ist Sache des Stpfl., die Besteuerungsgrundlagen unzweideutig zu erklären.[7] Zum Vorrang der Erklärungspflicht des Stpfl. vor der Ermittlungspflicht des FA vgl. auch Hessisches FG v. 26.10.1978, I 18/77, EFG 1979, 340; FG Baden-Württemberg v. 15.12.1978, III 128/77, EFG 1979, 341; Niedersächsisches FG v. 23.8.1982, V 435/81, EFG 1983, 211. Entsprechende Grundsätze gelten auch für sonstige vom Stpfl. zu erbringende Anzeigen.[8]

 

Rz. 155

Die Pflichtverletzung des Stpfl. muss ursächlich dafür gewesen sein, dass die Steuer unrichtig zu niedrig festgesetzt wurde. Das ist nicht der Fall, wenn zwar ursprünglich eine Pflichtverletzung vorlag, der Stpfl. aber vor der Steuerfestsetzung den vollständigen Sachverhalt der Finanzbehörde offenbart hat.[9] Die ursprüngliche Pflichtverletzung ist dann beseitigt und für die unrichtige Steuerfestsetzung nicht mehr kausal.

 

Rz. 156

Bei der Prüfung, ob der Stpfl. seine Mitwirkungspflichten verletzt hat, soll es gleichgültig sein, ob den Stpfl. ein Verschulden trifft oder nicht. Auch bei schuldloser Verletzung soll er sich nicht auf die mangelnde Aufklärung durch die Finanzbehörde berufen können.[10] Das ist richtig, soweit die Finanzbehörde nicht der Vorwurf der Verletzung ihrer Ermittlungspflicht trifft. Ist weder Finanzbehörde noch dem Stpfl. eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen, liegt die Verantwortung für die (schuldlose) Verletzung der Steuererklärungspflicht vollständig beim Stpfl. Trifft auch die Finanzbehörde der Vorwurf der Verletzung der Ermittlungspflicht, hat eine Abwägung zu erfolgen (vgl. Rz. 159). Bei dieser Abwägung, ob der Fehler der Finanzbehörde oder der des Stpfl. schwerer wiegt, ist das Verschulden oder Nichtverschulden der jeweiligen Pflichtverletzung zu berücksichtigen.

 

Rz. 157

Das Verhalten des Stpfl. ist aber nur zu berücksichtigen, soweit darin eine Pflichtverletzung liegt. Im Rahmen der Steuererklärungspflicht hat der Stpfl. nur Tatsachen richtig und vollständig anzugeben. Dagegen fällt es nicht in den Rahmen der Steuererklärungspflicht, (richtige) Rechtsansichten zu äußern und die erklärten Tatsachen (Sachverhalte) steuerlich richtig zu qualifizieren. Die Äußerung einer falschen Rechtsansicht in der Steuererklärung stellt also keine Verletzung der Mitwirkungspflichten dar.[11] Daher verletzt der Stpfl. seine Mitwirkungspflicht nicht, wenn er Einkünfte in der Steuererklärung unrichtig als nach § 34 EStG begünstigte Einkünfte bezeichnet.[12] Er hat seine Mitwirkungspflicht erfüllt, wenn er die Einkünfte erklärt und alle erforderlichen Angaben vollständig und wahrheitsgemäß gemacht hat. Die richtige Qualifizierung der Einkünfte liegt im Verantwortungsbereich der Finanzbehörde.

 

Rz. 158

Andererseits verletzt der Stpfl. seine Mitwirkungspflicht, wenn er in Kenntnis der steuerlichen Problematik ohne Schilderung des Sachverhalts Begriffe wählt, die geeignet sind, beim FA eine falsche Vorstellung über den steuerpflichtigen Sachverhalt hervorzurufen. Das ist etwa der Fall, wenn der Stpfl. einen "Vermögensanfall von einer Versicherung" erklärte, während es sich in Wirklichkeit um eine Provision handelte.[13]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge