Rz. 70

Nach §170 Abs. 5 Nr. 2 AO beginnt die Festsetzungsfrist bei der SchenkungSt erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist. Da die Finanzverwaltung von Schenkungen häufig erst anlässlich des Todes des Schenkers erfährt, ist sie i. d. R. nicht in der Lage, die Frage der SchenkungSt-Pflicht vorher zu prüfen.[1]

 

Rz. 71

Entsprechend beginnt die Festsetzungsfrist bei früherer Kenntnis der Finanzverwaltung (etwa durch eine Anzeige) bereits mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung (also nicht nur von dem Schenkungsversprechen) Kenntnis erlangt hat.

Die Festsetzungsfrist beginnt also, wenn nur einer der beiden Tatbestände (Tod des Schenkers oder Kenntnis von der Schenkung) erfüllt ist. Maßgebend ist derjenige Tatbestand, der als erster eingetreten ist.[2] Eine längere Anlaufhemmung ist in diesen Fällen nicht gerechtfertigt, da die Finanzbehörde bei Erfüllung auch nur einer der beiden Tatbestände die Frage der SchenkungSt-Pflicht prüfen kann. Andererseits tritt diese Anlaufhemmung selbstständig neben die Regelung des Abs. 1 Nr. 2, d. h., sie gilt auch, wenn nach § 30 Abs. 3 ErbStG keine Anzeigepflicht besteht.[3]

 

Rz. 72

Die Kenntnis von der "vollzogenen Schenkung" bedeutet, dass die Vollziehung wirksam sein muss. Es genügt also nicht Kenntnis von dem Schenkungsversprechen, und zwar auch dann nicht, wenn das FA aufgrund des Schenkungsversprechens hätte prüfen können, ob die Schenkung auch vollzogen worden ist.[4] Ist für den Vollzug der Schenkung eine (vormundschaftsrechtliche) Genehmigung erforderlich, ist die Schenkung erst mit Erteilung dieser Genehmigung vollzogen. Kenntnis der Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung erfordert also auch Kenntnis von der Genehmigung.[5]

 

Rz. 73

Kenntnis bedeutet, dass die Finanzbehörde positive Kenntnis von der vollzogenen Schenkung hat. Die Finanzbehörde muss Namen und Anschrift des Schenkers und des Beschenkten sowie den Rechtsgrund des Erwerbs kennen. Die Kenntnis von Umständen, die nur zur Prüfung Anlass geben, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt, genügt nicht.[6] Ohne Bedeutung ist, in welcher Form die Finanzbehörde die Kenntnis erlangt hat. Abgabe der SchenkungSt-Erklärung oder der Anzeige ist für die Kenntniserlangung nicht erforderlich. Es genügt, dass das zuständige FA auf sonstige Weise Kenntnis von der Schenkung erlangt.[7] Für die Kenntnis der Finanzbehörde kommt es auf die Kenntnis der für die Festsetzung der SchenkungSt organisatorisch zuständigen Stelle an, nicht auf die Kenntnis anderer Stellen der zuständigen Finanzbehörde. Auch Kenntnis der Außenprüfung soll nicht genügt, wenn diese nicht für die Festsetzung der Steuer zuständig ist.[8] Allerdings ist m. E. die Entscheidung des FG Nürnberg aaO insoweit bedenklich, als nicht berücksichtigt wird, dass eine Außenprüfung regelmäßig zur Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO führt und eine Anlaufhemmung daher systematisch nicht geboten ist. Hiervon abgesehen genügt nicht die Kenntnis irgendeiner Dienststelle des zuständigen FA; vielmehr muss die Kenntniserlangung gerade zum Zweck der Entscheidung über die SchenkungSt-Pflicht erfolgt sein. Kenntnis zum Zweck der Bearbeitung anderer Steuerarten ist daher nicht ausreichend.[9] Ebenfalls nicht maßgebend ist die Kenntnis einer unzuständigen Finanzbehörde.[10]

 

Rz. 73a

Werden mehrere Gegenstände geschenkt, erlangt das FA aber nur Kenntnis von der Schenkung eines dieser Gegenstände, endet die Anlaufhemmung nur für die Festsetzungsfrist für diesen Gegenstand.[11] Zwar kann die Schenkung der anderen Gegenstände für die Festsetzung der Schenkungsteuer für den ersten Gegenstand bedeutsam sein, da möglicherweise Auswirkungen auf die Freibeträge nach §§ 16, 17 ErbStG und die Wertgrenzen des § 19 ErbStG eintreten. Das kann aber auch bei der Zusammenrechnung mit Vorschenkungen nach § 14 ErbStG der Fall sein. Die fehlende positive Kenntnis von Vorschenkungen führt aber nicht zur Anlaufhemmung für die spätere Schenkung. Daher ist eine Ausdehnung der Anlaufhemmung bei der Schenkung mehrerer Gegenstände auf die Schenkung desjenigen Gegenstands, die dem FA bekannt ist, nicht gerechtfertigt. Für die anderen Gegenstände dauert die Anlaufhemmung fort, bis das FA auch von diesen Schenkungen positive Kenntnis erhalten hat. Die "Kenntnis" von der Schenkung bezieht sich in diesem Fall auf die Schenkung jedes einzelnen Gegenstands. Da Kennenmüssen für das Ende der Anlaufhemmung nicht ausreicht, ist es ohne Bedeutung, ob das FA nach der Schenkung weiterer Gegenstände hätte forschen können oder müssen.[12]

 

Rz. 73b

Handelt es sich um eine mittelbare Schenkung, bei der der Beschenkte nicht durch den zugewendeten Gegenstand, sondern durch den Verkaufserlös bei späterer Veräußerung dieses Gegenstands bereichert sein soll, liegt eine Kenntnis des FA von der Schenkung erst vor, wenn es Kenntnis von der Veräußerung des Gegenstands erhält. Die Steuer entsteht erst mit Vollzug der Schenkung. Diese ist bei einer mittelbaren Sche...

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