Rz. 12

Nach dem Wortlaut des § 164 Abs. 1 S. 1 AO steht die Beifügung des Vorbehalts der Nachprüfung in der Entscheidung der Finanzbehörde. Wie jedoch schon § 164 Abs. 1 S. 2 AO zeigt, ist die Beifügung des Vorbehalts durch die Finanzbehörde nicht der einzige Fall. Es gibt daneben die Möglichkeit, dass die Steuerfestsetzung kraft Gesetzes, ohne eine entsprechende Entscheidung der Finanzbehörde, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Nach der Grundlage des Vorbehalts sind also zu unterscheiden Vorbehalte aufgrund des Gesetzes und Vorbehalte aufgrund behördlicher Entscheidung.

 

Rz. 13

Vorbehalte aufgrund Gesetzes sind

Der Vorbehalt aufgrund des Gesetzes entsteht, wenn der gesetzliche Tatbestand verwirklicht wird, also z. B. eine Vorauszahlung festgesetzt wird. Da er kraft Gesetzes entsteht, ist eine besondere Festsetzung oder Bekanntgabe[1] für das Wirksamwerden nicht erforderlich. Er kann auch nicht durch die Finanzbehörde aufgehoben werden, sondern erledigt sich mit Erlass des Jahressteuerbescheids.[2]

 

Rz. 14

Die Regelung des § 164 AO gilt grundsätzlich für Steuern i. S. d. § 3 Abs. 1 AO, für steuerliche Nebenleistungen[3] hingegen nur, sofern es ausdrücklich vorgesehen ist.[4] Von den steuerlichen Nebenleistungen können deshalb die Zinsfestsetzungen nach § 239 Abs. 1 AO, für die die für Steuern geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, mit einem Vorbehalt versehen werden.

Bei anderen Steuerverwaltungsakten, die keine Steuern festsetzen und für die auch nicht die Vorschriften über die Steuerfestsetzung entsprechend anwendbar sind, kann kein Vorbehalt beigefügt werden, so bei einem Haftungsbescheid[5], einem Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO[6], einem festgesetzen Verspätungszuschlag[7] oder einer Billigkeitsfestsetzung nach § 163 AO.[8]

Diese Steuerverwaltungsakte werden auch dann nicht von einem Nachprüfungsvorbehalt erfasst, wenn sie mit einer Vorbehaltsfestsetzung verbunden sind.[9] Für sie besteht auch kein Bedürfnis nach einer Vorbehaltsfestsetzung, weil sich ihre Korrektur allein nach § 130 Abs. 1 AO richtet und infolgedessen die Unanfechtbarkeit des Steuerverwaltungsakts seiner Korrektur nicht entgegensteht.[10] Wird einem solchen Bescheid ein Vorbehalt der Nachprüfung beigefügt, ist dieser nicht nichtig, sondern kann in Bestandskraft erwachsen.[11] Die Finanzbehörde ist jedoch daran gehindert, von dem Vorbehalt Gebrauch zu machen, weil sie sich die Änderungsmöglichkeit nicht durch ein offensichtlich nicht vom Gesetz gedecktes Verhalten verschaffen darf.[12] Der Vorbehaltsvermerk kann auch nicht zugleich als Widerrufsvorbehalt i. S. d. § 131 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO ausgelegt werden.[13] Hat dagegen der Stpfl. vertraut, dass der Bescheid wegen des Vorbehalts noch zu seinen Gunsten geändert werden kann, muss die Finanzbehörde diesen von ihr verursachten Irrtum des Stpfl. im Rahmen der Entscheidung über die Änderung des Verwaltungsakts, die nicht nach § 164 Abs. 2 AO, sondern nach §§ 130, 131 AO erfolgt, bei ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen.

 

Rz. 15

Nicht anwendbar ist § 164 AO im Bereich des Zollrechts. Hier enthalten Art. 101 UZK eine abschließende Sonderregelung, die § 164 AO verdrängt.[14]

 

Rz. 16

Besonderheiten bestehen bei der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Investmentgesellschaften. Nach § 13 Abs. 4 S. 3 InvStG i. d. F. des Gesetzes vom 9.12.2004[15] konnte die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für eine Investmentgesellschaft nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgen. Die Richtigstellung einer unrichtigen Feststellung erfolgte nicht durch eine Änderung der ursprünglichen Feststellung, sondern durch einen Ergänzungsbescheid.

Nach der mit Wirkung zum 1.1.2018 in Kraft getretenen Neuregelung des Investmentsteuergesetzes steht gem. § 51 Abs. 5 S. 1 InvStG i. d. F. des Gesetzes vom 16.12.2022[16] die Erklärung eines Spezial-Investmentfonds[17] zur gesonderten und einheitlichen Feststellung ausdrücklich einer gesonderten und einheitlichen Feststellung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO gleich.

 

Rz. 17

Bei anderen Verwaltungsakten, die nicht unter § 155 AO fallen, kann dagegen kein Vorbehalt beigefügt werden. Hierfür besteht auch kein Bedürfnis, da diese Verwaltungsakte bereits nach §§ 130, 131 AO umfangreich geändert werden können. So ist etwa ein Vorbehalt bei einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO oder bei einem Haftungsbescheid[18] unzulässig.

Wird einem solchen Bescheid ein Vorbehalt der Nachprüfung beigefügt, ist dieser nicht nichtig, sondern kann in Bestandskraft erwachsen. Die Finanzbehörde ist trotzdem daran gehindert, von diesem Vorbehalt Gebrauch zu machen, weil sie sich die Änderungsmöglichkeit nicht durch ein offensichtlich ...

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