Rz. 151

§ 152 AO wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016[1] umfassend geändert. Da diese Neufassung erheblich mehr Einzelheiten regelt als die bisherige Fassung, bleibt abzuwarten, wie und in welchem Umfang die neuen detaillierten und teils komplizierten Bestimmungen in der Praxis umgesetzt werden. Anwendbar ist die neue Gesetzesfassung auf Steuererklärungen, die nach dem 31.12.2018 einzureichen waren.[2]

[1] BGBl I 2016, 1679.
[2] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 6a.

6.1 Verspätungszuschlag nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 152 Abs. 1 n. F.)

 

Rz. 152

Im Wesentlichen unverändert gegenüber der bisherigen Rechtslage ist die Aussage des § 152 Abs. 1 AO n. F. Hiernach kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein VZ festgesetzt werden.[1] Es handelt sich also weiterhin um eine Entscheidung, die die Finanzverwaltung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen hat. Demgemäß ist von der Festsetzung eines VZ abzusehen, wenn die Nichtabgabe oder verspätete Abgabe entschuldbar ist. Hierbei hat sich der zur Abgabe der Steuererklärung Verpflichtete weiterhin das Verschulden eines Vertreters oder Erfüllungsgehilfen zurechnen zu lassen.[2]

 

Rz. 153

Nach der Formulierung in § 152 Abs. 1 S. 2 AO n. F. hat ausdrücklich die Verpflichtung des Abgabepflichtigen das Nichtverschulden glaubhaft zu machen. § 152 Abs. 1 AO ist der Grund- und Ausgangsfall. Die nachfolgenden Absätze regeln Sonderfälle und Ausnahmen. Allerdings betreffen diese Sonderfälle so viele Fallgestaltungen, dass in der Praxis der Grundfall die Ausnahme sein dürfte. Dies wird bereits in Abs. 2 ersichtlich.

6.2 Verpflichtende Festsetzung eines VZ (§ 152 Abs. 2 und 3 AO n. F.)

 

Rz. 154

Zentrale Bedeutung kommt in der Praxis nunmehr § 152 Abs. 2 und 3 AO n. F. zu, da in diesen die Fälle normiert sind, in denen es einer Ermessensausübung nicht bedarf.[1] Stattdessen ist in diesen Fällen stets ein VZ festzusetzen. Dies gilt in den folgenden Fällen:

  • Eine Steuererklärung, die sich auf ein Kj. oder einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht, wird nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres oder binnen 14 Monaten nach dem Zeitpunkt abgegeben.[2]
  • In den Fällen des abweichenden Wirtschaftschaftsjahres bei Land- und Forstwirten nach § 149 Abs. 2 S. 2 AO n. F., wenn die Steuererklärung nicht binnen 19 Monaten nach dem Ende des Kalenderjahres oder nicht binnen 19 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt abgegeben wird.[3]
  • In den Fällen einer vorzeitigen Anforderung nach § 149 Abs. 4 AO n. F. die Steuererklärung nicht bis zu dem in der Anordnung bestimmten Zeitpunkt abgegeben wird.[4]

Ziel dieser neuen Regelung ist vor allem, den kontinuierlichen Eingang von Steuererklärungen sicherzustellen. Zudem erwartet der Gesetzgeber eine Verminderung der Anzahl an Rechtsbehelfen, da künftig eine Ermessensentscheidung nicht mehr erforderlich ist.[5] Dies dürfte zutreffend sein, da zukünftig bei Festsetzung eines VZ im Einspruchsverfahren nur noch geltend gemacht werden kann, dass die Voraussetzungen des § 152 AO nicht vorgelegen haben oder das FA die Höhe des VZ falsch berechnet hat.[6] Zu beachten ist, dass auch zukünftig dann keine Festsetzung eines VZ erfolgt, wenn die Abgabefrist im Einzelfall verlängert worden ist (vgl. Rz. 155).

 

Rz. 155

Weiterhin ist bei der Anwendung des § 152 Abs. 2 AO n. F. in jedem Fall zu prüfen, ob ein Fall der Rückausnahmen nach § 152 Abs. 3 AO n. F. gegeben ist. Es gibt nämlich keine Pflicht zur Festsetzung eines VZ, wenn

  • die Finanzbehörden die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 AO n. F. verlängert haben oder nachträglich verlängern[7]; in diesem Fall liegt bereits kein Fall des § 152 AO vor, sodass diese Regelung eigentlich überflüssig erscheint;
  • die Steuer auf 0 EUR oder einen negativen Betrag festgesetzt wird[8];
  • die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steueranrechnungsbeträge nicht übersteigt[9]; nach dem Wortlaut der Bestimmung ist nur auf die festgesetzten Vorauszahlungen abzustellen, sodass freiwillige Vorauszahlungen nicht maßgeblich sind; allerdings ist ebenso wenig erforderlich, dass die Vorauszahlungen auch tatsächlich gezahlt worden sind;
  • bei jährlich abzugebenden Lohnsteueranmeldungen, bei der Anmeldung von USt-Sondervorauszahlungen nach § 48 Abs. 2 UStDV sowie bei jährlich abzugebenden Versicherungsteuer- und Feuerschutzsteueranmeldungen.[10]

    Auch die jährliche Meldung nach § 95 MinStG[11] fällt nunmehr unter die Bestimmung.

[1] Klein/Rätke, AO, 17. Aufl. 2023, § 152 Rz. 50ff.; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 44ff.
[5] BT-Drs. 18/7457, 80.
[6] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 43a.
[7] § 152 Abs. 3 Nr. 1 AO n. F.; Klein/Rätke, AO, 17. Aufl. 2023, § 152 Rz. 50.
[8] § 152 Abs. 3 Nr. 2 AO n. F.; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 49f.; Klein/Rätke, AO, 17. Aufl. 2023, § 152 Rz. 51.

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