2.3.2.1 Grundlagen

 

Rz. 18

Ein VZ kann nach § 152 AO nur festgesetzt werden, wenn die Verletzung der Steuererklärungspflicht in Form einer verspäteten Abgabe (s. Rz. 22) bzw. der Nichtabgabe (s. Rz. 25) der Steuererklärung erfolgt ist. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass die Steuererklärung auch als Steuererklärung bezeichnet wird.[1] Für die Zusammenfassende Meldung nach § 18a Abs. 11 UStG gilt die Regelung des § 152 AO aber etwa nicht. Nicht erforderlich ist zudem für die Festsetzung eines VZ, dass der Stpfl. durch Erinnerungen oder Zwangsmittel zunächst zur Abgabe der Steuererklärung angehalten worden ist.[2]

 

Rz. 19

Andere Formen des Fehlverhaltens können keine VZ-Festsetzung zur Folge haben. Insbesondere die Verletzung der Wahrheitspflicht[3] kann die Festsetzung eines VZ nicht begründen.[4] Der Ablauf des Besteuerungsverfahrens, der durch die Festsetzung des VZ gesichert werden soll, wird durch unrichtige Angaben insoweit nicht beeinträchtigt. Wahrheitswidrige Angaben in der Steuererklärung können aber neben steuerlichen Folgen[5] insbesondere eine Ahndung nach §§ 370, 378 AO als Steuerstraftat bzw. Steuerordnungswidrigkeit auslösen.

 

Rz. 20

Die Verletzung von Formvorschriften hinsichtlich der Steuererklärung[6] kann die Festsetzung eines VZ nur dann zur Folge haben, wenn der Formfehler im Einzelfall so gravierend ist, dass die Erklärung als nicht abgegeben zu werten ist (s. Rz. 25ff.).

 

Rz. 21

Allein aus der Verletzungshandlung (s. Rz. 18) folgt die Rechtswidrigkeit des Verhaltens. Die Verletzung der Steuererklärungspflicht kann aber ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn höherwertige Pflichten vorrangig zu erfüllen waren, die die fristgerechte Abgabe der Steuererklärung unmöglich machten. Die Darlegungslast für eine derartige Ausnahmesituation trifft den Erklärungspflichtigen.[7]

[1] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 8.
[4] FG Münster v. 17.8.1989, V 914/85 U, EFG 1990, 89; BFH v. 7.5.1992, V B 161/89, BFH/NV 1993, 141 m. w. N.
[7] FG München v. 9.11.1990, 3 K 3209/87, EFG 1991, 440.

2.3.2.2 Verspätete Abgabe der Steuererklärung

 

Rz. 22

Ein VZ kann festgesetzt werden, wenn die Abgabe der Steuererklärung nicht innerhalb der gesetzlichen oder der von der Finanzbehörde eingeräumten Frist erfolgt. Abgegeben ist die Steuererklärung im Zeitpunkt des Zugangs bei der zuständigen Behörde, den der Erklärungspflichtige erforderlichenfalls nachzuweisen hat.[1] Der Abgabetermin für die jeweilige Steuererklärung ergibt sich aus dem Einzelsteuergesetz bzw. aus der Fristsetzung durch die Finanzbehörde.[2]

 

Rz. 23

Wird die Steuererklärungsfrist rückwirkend verlängert[3], so wird hierdurch auch eine Pflichtverletzung rückwirkend geheilt.[4] Damit entfällt die Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines VZ. Wird eine gewährte Steuererklärungsfrist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen[5], so ist nunmehr die Festsetzung eines VZ zulässig.[6]

Die mit der Androhung eines Zwangsmittels zur Abgabe der Steuererklärung eingeräumte Vornahmefrist[7] bewirkt keine Fristverlängerung i. S. v. § 109, sodass eine VZ-Festsetzung nicht ausgeschlossen wird.

 

Rz. 23a

Für die Frage der verspäteten Abgabe der Steuererklärungen für die Jahre 2020 bis 2024 sind die Sonderregelungen gem. Art. 97 § 39 EGAO zu beachten.[8] Hiernach ergeben sich längere Abgabefristen. Für 2022 beträgt hierbei die Frist nach § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO 19 Monate, für 2023 17 Monate und für 2024 16 Monate. Für § 152 Abs. 2 Nr. 2 AO sind dies 24, 22 und 21 Monate. Ab dem Besteuerungszeitraum 2025 soll dann wieder die gesetzliche Regelung gelten.

 

Rz. 24

Die Dauer der Fristversäumnis hat allein Bedeutung für die Ermessensausübung der Finanzbehörde und für die Höhe des VZ.[9] Auch eine kurzfristige Fristversäumnis kann demzufolge grundsätzlich zu einer VZ-Festsetzung führen.

[2] Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, Erl. zu § 149 AO.
[4] S. aber jetzt § 109 Abs. 2 AO, der die Möglichkeit einer Fristverlängerung bei der Abgabe von Steuererklärungen einschränkt, vgl. Dißars, in Zugmaier/Nöcker, AO, 1. Aufl. 2021, § 109 AO Rz. 12ff.
[8] Brusche, BB 2023, 860.

2.3.2.3 Nichtabgabe der Steuererklärung

 

Rz. 25

Wird eine Steuererklärung nicht abgegeben, so kann ein VZ festgesetzt werden, wenn ein Schätzungsbescheid erlassen wird. Eine mit inhaltlichen oder formellen Fehlern behaftete Steuererklärung (s. Rz. 18) kann nur dann einen VZ zur Folge haben, wenn sie mit derart schweren Mängeln behaftet ist, dass sie praktisch als nicht abgegeben anzusehen ist.[1] Ausgehend vom Zweck des VZ (s. Rz. 1) wird man von einem schwerwiegenden Mangel i. d. S. dann ausgehen können, wenn die abgegebene Erklärung nicht geeignet ist, das ordnungsgemäße Besteuerungsverfahren in Gang zu set...

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