2.1 Körperschaft mit Sitz im Ausland…

 

Rz. 5

Ist eine Körperschaft mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nach dem Recht des Staates, in dem sie ihren Sitz hat, rechtsfähig, sind Verwaltungsakte nach § 14b Abs. 1 Satz 1 AO an sie zu richten, soweit sie nach den Steuergesetzen Steuerschuldner ist. Das Gleiche gilt nach § 14b Abs. 1 Satz 2 AO auch dann, wenn die Körperschaft nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln ist.

 

Rz. 6

§ 14b AO betrifft nur Körperschaften mit Sitz im Ausland. Ihren Sitz hat eine Körperschaft nach § 11 AO an dem Ort, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung oder dergleichen bestimmt ist.[1] Es muss sich also um eine im Ausland gegründete Körperschaft handeln.

 

Rz. 7

Die ausländische Körperschaft muss „nach dem Recht des Staates, in dem sie ihren Sitz hat, rechtsfähig“ sein. Rechtsfähigkeit in diesem Sinne ist die Fähigkeit der Gesellschaft, Trägerin von Rechten und Pflichten aufgrund eigener Rechtspersönlichkeit zu sein.[2] Maßgeblich ist weniger die Rechtsfähigkeit als vielmehr die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft, denn rechtsfähig sind nicht nur juristische Personen, sondern auch Personengesellschaften, insbesondere auch – nach Inkrafttreten des MoPeG nunmehr in § 705 Abs. 2 BGB auch gesetzlich anerkannt – die GbR. Letztlich ist für § 14b Abs. 1 AO daher zu prüfen, ob es sich bei der ausländischen Gesellschaft nach dem Recht des Sitzstaates um eine juristische Person handelt.

 

Rz. 8

Für die Frage, ob es sich bei dem ausländischen Rechtsträger um eine juristische Person handelt, bedarf es m. E. keines Rechtstypenvergleichs[3], vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Gesellschaft nach ausländischem Zivilrecht Rechtspersönlichkeit zukommt.

Rz. 9-14 einstweilen frei

2.2 … und Geschäftsleitung im Inland

 

Rz. 15

Die ausländische Körperschaft i. S. des § 14b AO muss den "Ort der Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes" haben. Geschäftsleitung ist nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung.[1]

 

Rz. 16

Es muss sich also um eine doppelt ansässige Körperschaft handeln. Zu einem Auseinanderfallen von Sitz und Ort der Geschäftsleitung kommt es insbesondere, wenn die nach ausländischem Recht gegründete Körperschaft den Ort ihrer Geschäftsleitung nach Deutschland verlegt.

Rz. 17-19 einstweilen frei

[1] S. dazu im Einzelnen die Kommentierung bei Kratzsch, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, zu § 10 AO.

2.3 Juristische Person nach inländischem Gesellschaftsrecht

 

Rz. 20

§ 14b Abs. 1 AO unterscheidet in seinen beiden Sätzen danach, ob die ausländische Körperschaft mit Blick auf ihre "Rechtsfähigkeit" auch "nach inländischem Gesellschaftsrecht (…) als juristische Person zu behandeln ist". Die Vorschrift knüpft damit an die gesellschaftsrechtlichen Folgen einer Verlegung des Verwaltungssitzes an.

 

Rz. 21

In Deutschland wurde in der Vergangenheit in diesen Fällen die sog. "Sitztheorie" vertreten, nach der sich das auf die Gesellschaft anwendbare Recht allein nach dem Recht des Staates richtet, in dem die Gesellschaft ihren tatsächlichen (Verwaltungs-)Sitz hat.

 

Rz. 22

Nach einem zunächst vorherrschenden traditionellen Verständnis dieser Sitztheorie wurde die ausländische Gesellschaft in Ermangelung einer Neugründung auf Grundlage der inländischen Bestimmungen als rechtlich inexistent betrachtet. Ihr wurde im Inland die Rechtsfähigkeit abgesprochen, um ihr dadurch die Teilnahme am Rechtsverkehr unmöglich zu machen.[1] Später modifizierte der BGH[2] jedoch diese Sichtweise. Er blieb danach zwar dabei, dass die ausländische Körperschaft infolge einer Verlegung seiner Geschäftsleitung in das Inland mangels vorhandener Eintragung in das Handelsregister ihre Rechtspersönlichkeit, also ihre Anerkennung als juristische Person verlor und nach den danach bestehenden Vorschriften als solche neu gegründet werden musste. Bis dahin war sie in Deutschland jedoch als rechtsfähige Personengesellschaft, also als GbR oder oHG, bzw. im Falle nur eines Gesellschafters als Einzelunternehmen zu behandeln.

 

Rz. 23

Nach Auffassung des EuGH[3] verstieß es jedoch gegen die Niederlassungsfreiheit der Art. 49 und 54 AEUV, wenn eine im EU-und EWR-Ausland rechtswirksam gegründete Körperschaft im Inland lediglich infolge der Verlegung ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes nicht mehr als rechtsfähige juristische Person anerkannt wird.

 

Rz. 24

In der Folge ist für EU-/EWR-Gesellschaften daher – entsprechend der in angelsächsischen Ländern vorherrschenden "Gründungstheorie" – für die Bestimmung ihrer Rechtspersönlichkeit und ihrer Rechtsfähigkeit auf das Recht des Staates abzustellen, in dem die Gesellschaft gegründet wurde. Die einmal in diesem anderen EU-/EWR-Staat erlangte Rechtspersönlichkeit geht danach nicht dadurch verloren, dass die ausländische ...

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