3.1 Pflichten aus Steuergesetzen

 

Rz. 8

Erleichterungen können nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 148 S. 1 nur für Buchführungs-, Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungspflichten bewilligt werden, die durch Steuergesetze – nicht nur die durch die AO geregelten[1] – begründet werden.[2] Die Pflichten, die nach anderen Gesetzen oder Rechtsverordnungen begründet werden, können von der Finanzbehörde nach § 148 AO nicht erleichtert werden.[3] Dies gilt insbesondere auch für eine handelsrechtliche Buchführungs- und Aufbewahrungsverpflichtung.[4] Soweit diese Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach § 140 AO allerdings auch für Zwecke der Besteuerung zu erfüllen sind, kann die Finanzbehörde über § 148 AO aber im Einzelfall für das Besteuerungsverfahren von der Pflichterfüllung Abstand nehmen.[5]

 

Rz. 8a

Für den Bereich der Verlagerung der elektronischen Buchführung in das Ausland stellt § 146 Abs. 2a AO eine den § 148 AO in seinem Anwendungsbereich verdrängende Sonderbestimmung dar.[6] Allerdings ist zu beachten, dass § 148 AO dann weiterhin Anwendung finden kann, wenn nicht der Bereich der elektronischen Buchführung betroffen ist.[7]

[1] FG Köln v. 27.7.1994, 10 K 4538/93, EFG 1995, 97.
[2] S. Erl. bei Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, zu § 141 AO.
[3] Vgl. AEAO zu § 148 S. 1; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 148 Rz. 1; Fichtelmann, DStZ 1988, 335, 336.
[4] Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 148 Rz. 1.
[5] FG Köln v. 27.7.1994, 10 K 4538/93, EFG 1995, 97; Koenig/Haselmann, AO, 4. Aufl. 2021, § 148 Rz. 1; Sauer, in Gosch, AO/FGO, § 148 AO Rz. 5; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 148 AO Rz. 1; Traszalik, in HHSp, AO/FGO, § 148 AO Rz. 2.
[6] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 148 AO Rz. 9a.
[7] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 148 AO Rz. 9a.

3.2 Härtefall

 

Rz. 9

Die Erfüllung der steuerlichen Pflichten, die grundsätzlich zumutbar ist (s. Rz. 1), muss im jeweiligen Einzelfall für den Stpfl. eine Härte mit sich bringen. Hierbei muss es sich um eine aus der Sache, d. h. der Buchführungstätigkeit, entstehende Härte handeln, also insoweit eine sachliche Unbilligkeit vorliegen.[1]

 

Rz. 9a

Eine solche sachliche Unbilligkeit soll z. B. vorliegen, wenn die Buchführungsgrenzen des § 141 AO nur einmalig überschritten werden und absehbar ist, dass diese auch später nicht mehr überschritten werden.[2] Weitere Fälle betrafen in der Vergangenheit vor allem Erleichterungen bei internationalen Fallgestaltungen.[3] Eine Erleichterung nach § 148 AO kommt auch in Betracht, wenn die Grenzen des § 147a Abs. 1 AO nur einmalig überschritten werden. Ferner wird diskutiert, ob ein Härtefall gegeben ist, wenn aufgrund eines einmaligen Vorgangs – etwa einer Umwandlung – die Pflicht zur Einreichung einer sog. E-Bilanz nach § 5b EStG besteht. Solche Vorgänge – so die Argumentation – ließen sich regelmäßig nur schwer aus der laufenden Buchhaltung in der Weise herleiten, dass sie dem FA auf elektronischem Wege übermittelt werden können.[4] Der BFH hat allerdings entschieden, dass die Pflicht zur Übermittlung einer E-Bilanz auch für kleine Gesellschaften Anwendung findet.[5] Auch kann eine Anwendung des § 148 AO im Zusammenhang mit der Umstellung des elektronischen Aufzeichnungssystems nach § 146a AO in Betracht gezogen werden.[6]

 

Rz. 10

Persönliche Gründe, wie Alter oder Krankheit des Stpfl., rechtfertigen eine Härtefallregelung gem. § 148 AO nach Ansicht der Rechtsprechung nicht.[7] Ob dies so ohne Einschränkung zutreffend ist, erscheint allerdings fraglich, da die Auffassung der Finanzverwaltung als zu eng anzusehen ist. Richtig erscheint aber, dass insbesondere dann keine Härtefallregelung in Betracht kommt, wenn der Stpfl. seine Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig vernachlässigt hat.[8]

[1] Niedersächsisches FG v. 24.8.1978, VII 279/78, EFG 1979, 63.
[2] Vgl. AEAO zu § 141 AO Nr. 4; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 148 Rz. 1; Mittelhammer, in Zugmaier/Nöcker, AO, 1. Aufl. 2021, § 148 AO Rz. 23; kritisch hierzu Trzaskalik, in HHSp, AO/FGO, § 148 AO Rz. 5.
[3] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 148 AO Rz. 22f.; dort auch weitere mögliche Fälle einer Anwendung des § 148 AO.
[5] BFH v. 21.4.2021, XI R 21/20, DStR 2021, 1876.
[6] Vgl. hierzu Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 148 Rz. 1.
[7] BFH v. 14.7.1954, II 63/53 U, BStBl III 1954, 253; FG des Saarlandes v. 18.12.1996, 1 K 55/96, EFG 1997, 587; AEAO, zu § 148 S. 3; Sauer, in Gosch, AO/FGO, § 148 AO Rz. 6; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 148 Rz. 1.
[8] Zinn, StBp 1987, 284.

3.3 Inhalt der Erleichterung

 

Rz. 11

Die finanzbehördliche Regelung darf nur zu einer Erleichterung der gesetzlichen Pflichten, nicht aber zu deren vollständiger Aufhebung führen.[1] Ein kompletter Verzicht auf die Erfüllung der Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten ist damit nicht möglich.[2] Eine Befreiung von der Buchführungspflicht soll[3] allerdings nach der Ansicht des BFH bei einmaligen und außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen gewährt werden.

[1] So auch Trzaskalik...

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