3.1 Aufzeichnungspflichtige Warenverkäufe

 

Rz. 4

Waren i. S. d. Gesetzes sind alle beweglichen Sachen.[1] Aufzeichnungspflichtig sind nach § 144 Abs. 1 AO grundsätzlich solche Waren, die erkennbar zur gewerblichen Weiterveräußerung oder zum gewerblichen Verbrauch als Hilfsstoffe bestimmt sind.[2] Um Zweifel über den Inhalt der Aufzeichnungspflicht auszuschließen, bezeichnet § 144 Abs. 2 S. 1 AO bestimmte Arten von Warenverkäufen als aufzeichnungspflichtig (s. Rz. 5). § 144 Abs. 2 S. 2 AO schränkt dies nur für den Fall ein, dass die Ware für den Verkäufer erkennbar nicht zur gewerblichen Weiterverwendung bestimmt ist.[3] Es erfolgt bei diesen typischen Großhandelsgeschäften also eine Umkehr der Beweissituation. Die bloße Vermutung des Veräußerers reicht insoweit nicht.

 

Rz. 4a

Allerdings erscheint die gewerbliche Weiterverwendung bei einem Barverkauf durch einen Großhändler ausgeschlossen, wenn nur geringere Mengen an den Abnehmer zu einem Preis abgegeben werden, der dem für den Endverbraucher marktüblichen Preis entspricht. Die üblichen Einzelhandelsgeschäfte sollen nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 AO demgemäß nicht mit dem arbeitsintensiven Aufzeichnungs- und Belegzwang belastet werden. Aufzeichnungspflichtig sind insoweit nur Warenlieferungen mit dem typischen Großhandelsrabatt. Unter die Bestimmung fallen damit etwa insbesondere nicht typische Einzelhandelsgeschäfte oder die Verkäufe eines Land- und Forstwirts in einem Hofladen an Endverbraucher[4] oder aber auch Dienstleistungen.[5]

 

Rz. 5

Mit Ausnahme der o. g. Geschäfte (s. Rz. 4a) unterliegen alle Warenlieferungen der Aufzeichnungspflicht. Hierzu zählen insbesondere:

  • Barverkäufe mit Großhandelscharakter[6], bei denen der Preis für die abgegebene Menge niedriger ist als der übliche Verbraucherpreis;
  • Verkäufe auf Rechnung, wobei die vereinbarte Zahlungsweise (Ziel oder Kredit) oder die Schuldtilgung (Abrechnung oder Gegenrechnung) unerheblich ist[7];
  • Warentauschgeschäfte[8];
  • unentgeltliche Warenlieferungen.[9]
[1] S. zur Abgrenzung auch Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 143 AO Rz. 4; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 144 AO Rz. 8.
[2] Görke, in HHSp, AO/FGO, § 144 AO Rz. 10.
[3] Koenig/Haselmann, AO, 4. Aufl. 2021, § 144 Rz. 13; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 144 AO Rz. 8; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 144 Rz. 6.
[4] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 144 AO Rz. 8.
[5] Görke, in HHSp, AO/FGO, § 144 AO Rz. 13.
[9] § 144 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO; Görke, in HHSp, AO/FGO, § 144 AO Rz. 17.

3.2 Erforderliche Angaben

 

Rz. 6

§ 144 Abs. 3 AO bestimmt die Angaben, die in den Aufzeichnungen zwingend enthalten sein müssen. Die Vorschrift korrespondiert mit § 143 Abs. 3 AO.[1] Folgende fünf Angaben sind vorgeschrieben:

  • Aufzuzeichnen ist der Tag des Warenausgangs, d. h. der Tag, an dem die rechtliche oder tatsächliche Verfügungsmacht über die Ware verschafft wird. Zulässig ist die Erfassung auch unter dem Rechnungsdatum.[2]
  • Aufzuzeichnen sind der Name (Firma) und die Anschrift des Abnehmers.[3] Die Verpflichtung ist nur bei zutreffenden Angaben erfüllt.[4] Der Unternehmer ist demgemäß verpflichtet, sich in Zweifelsfällen Gewissheit über die Richtigkeit des Namens und der Anschrift des Abnehmers zu verschaffen.[5] Der Unternehmer darf die Angaben des Abnehmers nicht generell ungeprüft übernehmen.
  • Anzugeben ist die handelsübliche Bezeichnung der Ware.[6] Hier ist die Verwendung von Sammelbezeichnungen ausreichend.[7] Eine nähere Konkretisierung der Warenart oder eine Aufgliederung nach Warengruppen ist nicht vorgeschrieben[8], sofern die Identifizierbarkeit der Ware gewährleistet ist (s. Rz. 4).
  • Anzugeben ist der Preis der Ware bzw. die Unentgeltlichkeit der Veräußerung.[9] Preis i. d. S. ist das unmittelbar für die Ware aufzuwendende Entgelt[10] zuzüglich der USt. Die besondere Aufzeichnungspflicht bezieht sich nicht auf die Warenlieferungskosten, z. B. Fracht oder Versicherung.
  • Anzubringen ist ein Hinweis auf den Beleg, sodass die Einzelheiten des Erwerbsgeschäfts weiter verfolgt werden können.[11]
[1] Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 143 AO Rz. 13; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 144 Rz. 7; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 144 AO Rz. 8.
[3] § 144 Abs. 3 Nr. 2 AO; eine Postfachanschrift dürfte als ausreichend anzusehen sein, da der BFH dies nunmehr auch im Rahmen des Vorsteuerabzugs für ausreichend erachtet, BFH v. 21.6.2018, V R 25/15, BFH/NV 2018, 1053 und BFH v. 21.6.2018, V R 28/16, BFH/NV 2018, 1055.
[4] FG Baden-Württemberg v. 16.12.1992, 14 K 33/91, EFG 1993, 277.
[5] FG Berlin v. 13.10.1987, V 91/85, EFG 1988, 273.

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