1 Systematik

 

Rz. 1

Die Neuregelung zur elektronischen Bekanntgabe von Verwaltungsakten ist mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens[1] eingeführt worden. Damit soll auch im Rahmen der Bekanntgabe eine Vereinfachung erfolgen. § 122a AO regelt eine Sonderform der Bekanntgabe und ist damit eine Spezialregelung zu § 122 AO, in dem die allgemeinen Bekanntgabevoraussetzungen geregelt sind. Die Nutzung moderner Kommunikationsmittel wird damit auch im Rahmen der Bekanntgabe ermöglicht.

Die elektronische Bekanntgabe kann erstmalig auf nach dem 31.12.2016 erlassene Verwaltungsakte angewendet werden. Sofern die technischen oder organisatorischen Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben sind, kann ein abweichender, späterer Anwendungszeitpunkt bestimmt werden.

 

Rz. 1a

Durch das Gesetz zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen v. 3.12.2020[2] wurde § 122a Abs. 5 AO hinzugefügt. Die Vorschrift stellt klar, dass die Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten durch Bereitstellung zum Datenabruf i. S. d. § 122a Abs. 1 AO nicht auf eigene Verfahren der Finanzverwaltung (z. B. das Verfahren ELSTER) beschränkt ist, sondern für die Bereitstellung des Verwaltungsakts auch das Postfach des Nutzerkontos nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) zum Datenabruf verwendet werden kann. Bei Einwilligung in beiden Nutzerkonten trifft die Finanzbehörde die Entscheidung über die Wahl des zu verwendenden Postfachs – Postfach bei der Finanzverwaltung (z. B. das ELSTER-Postfach) oder das Postfach nach § 2 Abs. 7 OZG.[3]

[1] v. 22.7.2016, BGBl I 2016, 1679.
[2] BGBl I 2020, 2668.
[3] BT-Drs. 19/23776, 25.

2 Elektronische Bekanntgabe (§ 122a Abs. 1 AO)

 

Rz. 2

Abweichend von den allgemeinen Regelungen kann ein Verwaltungsakt gem. § 122a AO durch elektronische Bereitstellung zum Datenabruf bekannt gegeben werden. Die Norm trifft nur eine Sonderregelung zur Bekanntgabe. Andere Vorschriften zu Verwaltungsakten, z. B. zu deren Wirksamkeit, werden nicht berührt. Insoweit gelten auch bei der elektronischen Bereitstellung die allgemeinen Regelungen. Sind die Voraussetzungen des § 122a AO nicht erfüllt (z. B. weil keine vorherige Einwilligung vorliegt), ist die Bekanntgabe des Verwaltungsakts nicht wirksam erfolgt. In diesem Fall sind die allgemeinen Regelungen über eine fehlerhafte und damit unwirksame Bekanntgabe anzuwenden.[1]

2.1 Bekanntgabegegenstand

 

Rz. 3

Die Regelung greift für alle Verwaltungsakte, die den Regelungen der AO unterliegen. Die Norm unterscheidet nicht zwischen Steuerbescheiden und sonstigen Verwaltungsakten. Sowohl Steuerbescheide als auch sonstige Verwaltungsakte können damit durch Bereitstellen zum Datenabruf bekannt gegeben werden. Umgekehrt kann nicht jede Form der Kommunikation über die elektronische Bereitstellung erfolgen. Sofern das FA keinen Verwaltungsakt erlässt, sondern z. B. eine Willenserklärung oder Wissenserklärung seitens des FA vorliegt, kann diese nicht gem. § 122a AO wirksam dem Stpfl. zugehen. Derartige Erklärungen werden dem Stpfl. auch nicht bekannt gegeben, sondern sie gehen ihm zu.

Steuerbescheide als besondere Verwaltungsakte können nach dem Verfahren gem. § 122a AO bekannt gegeben werden. Dies gilt für jede Steuerart. Der Bescheid muss nur nach den Regelungen der AO erlassen worden sein.

2.2 Zuständige Behörde

 

Rz. 4

Die Bekanntgabe kann durch die Finanzverwaltung erfolgen. Dabei ist es unerheblich, welche Behörde innerhalb der Finanzverwaltung tätig wird. Unerheblich ist auch, ob einer Landes- oder eine Bundesbehörde tätig wird. Nicht von der Möglichkeit, Verwaltungsakte elektronisch gem. § 122a AO zum Abruf bereitzustellen, Gebrauch machen können andere Behörden als die Finanzbehörden. Damit können insbesondere die Gemeinden Verwaltungsakte bei Erlass des Gewerbesteuerbescheids oder des Gewerbesteuervorauszahlungsbescheids nicht gem. § 122a AO bekannt geben. Die Bekanntgabe hat insoweit weiterhin gem. § 122 AO zu erfolgen.

2.3 Adressat

 

Rz. 5

§ 122a Abs. 1 AO enthält keine Beschränkung, wem gegenüber die Verwaltungsakte durch elektronische Bereitstellung bekannt gemacht werden können. Daher kann eine solche Bekanntgabe nicht nur dem Stpfl. gegenüber erfolgen.[1] Möglich ist auch, dass z. B. einem Haftungsschuldner ein Haftungsbescheid gem. § 122a AO bekannt gemacht wird. Faktisch wird dieser weite Anwendungsbereich aber dadurch eingeschränkt, dass der Beteiligte seine Einwilligung zum Verfahren gem. § 122a AO gegeben haben muss. Hat er dies aber getan und ist die Einwilligung nicht widerrufen, kann jede Art des Verwaltungsakts ihm gegenüber gem. § 122a AO bekannt gegeben werden.

 

Rz. 6

Ist ein Verwaltungsakt mehreren Personen gegenüber bekannt zu geben[2], ist für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen, ob eine Bekanntgabe durch elektronische Bereitstellung zum Abruf gem. § 122a AO möglich ist. Ist eine Bekanntgabe gem. § 122a AO nicht für alle Beteiligte möglich, so hat für diese eine Bekanntgabe gem. § 122 AO zu erfolgen. Es besteht insoweit kein Zwang, die Bekanntgabe gegenüber mehreren Beteiligten nach einem ei...

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