Rz. 15

Die Entscheidungen über die Fristverlängerung selbst, über ihren Umfang und über die Verbindung mit einer Nebenbestimmung sind Ermessensentscheidungen.[1] Diese sind unter besonderer Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Frist nach Recht und Billigkeit zu treffen.[2] Einerseits darf die Fristverlängerung nicht dem Zweck der Frist zuwiderlaufen, andererseits steht es der Finanzbehörde auch nicht zu, willkürlich ohne sachlichen Grund eine Fristverlängerung abzulehnen. Das Ermessen ist u. U. in verschiedener Hinsicht auszuüben. So können Fragen der Dauer, der Wirkung ab Entscheidung oder Rückwirkung sowie der Sicherheitsleistung zu entscheiden sein. Die Belange beider betroffenen Seiten (z. B. Arbeitsüberlastung, Ausfall von Hilfskräften, Krankheit) müssen bei der Prüfung, ob und wie weit die Verlängerungsmöglichkeit ausgeschöpft werden soll, gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Betroffene die Frist schuldhaft nicht genutzt hat. Allerdings schließt ein Verschulden bei der Fristversäumung die Verlängerung ebenso wenig aus wie die schuldhafte Versäumung einer rechtzeitigen Antragstellung für die Verlängerung.[3]

Für die Abgabe der Steuererklärungen ergehen jährlich bundeseinheitliche Erlasse, die einen Rahmen für Fristverlängerungen in den Fällen geben, in denen Stpfl. steuerlich beraten sind. Diese Verwaltungsregelungen bieten ausreichenden Spielraum für die Handhabung der Verlängerungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Einzelfälle. Die Fristverlängerung in den Fällen der durch steuerliche Berater vertretenen Stpfl. gelten im Übrigen nicht für den steuerlichen Berater in eigener Sache.[4]

Bei der Ermessensentscheidung ist das FA u. U. auch dadurch enger gebunden, dass Verwaltungsanweisungen zu beachten sind, die zugunsten des Stpfl. wirken. Das kann z. B. für die Frist zur vorzeitigen Abgabe einer USt-Jahreserklärung nach § 18 Abs. 3 S. 2 UStG gelten.[5]

Bei verlängerbaren gesetzlichen Fristen (Steuererklärungsfristen und besonders genannten gesetzlichen Fristen) ist zu berücksichtigen, dass u. U. auch eine Wiedereinsetzung[6] in Betracht kommt. Da § 109 AO nicht als Sondervorschrift gegenüber § 110 AO vorgeht[7], beide Möglichkeiten also bei unverschuldetem Hindernis nebeneinander bestehen, ist bei der Ermessensausübung regelmäßig nur die Gewährung der Verlängerung ohne Nebenbestimmung ermessensfehlerfrei, da ein Verweisen auf die Wiedereinsetzung ein unnötiger formellerer Umweg wäre.[8]

 

Rz. 16

Bei der Entscheidung über das Verknüpfen mit einer Nebenbestimmung ist zu prüfen, ob die Verlängerung ohne die Nebenbestimmung den Zweck der Frist vereiteln oder sonst schädliche Folgen haben würde. Bei einer Fristverlängerung ohne Gefährdung des Steueranspruchs ist regelmäßig von der Forderung einer Sicherheitsleistung abzusehen.[9] Umgekehrt ist eine Verlängerung mit einer Nebenbestimmung zu gewähren, wenn mit dieser der Zweck der Frist nicht beeinträchtigt würde, ohne Nebenleistung dagegen die Verlängerung ihm zuwiderlaufen würde (z. B. Fristverlängerung gefährdet den Steueranspruch nur bei Sicherheitsleistung nicht).

Die Verlängerung muss, wenn sie gewährt wird, angemessen sein. Auch der Umfang ist nach den obigen Ermessenskriterien zu entscheiden.

[1] H. M.; vgl. BFH v. 29.1.2003, XI R 82/00, BFH/NV 2003, 951; Klein/Brockmeyer, AO, 14. Aufl. 2016, § 109 Rz. 1.
[2] Vgl. § 5 AO.
[3] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 109 AO Rz. 57 .
[4] BFH v. 29.1.2003, XI R 82/00, BFH/NV 2003, 951; ebenso Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 109 AO Rz. 4.
[7] Vgl. § 110 AO Rz. 2 mit Angabe abweichender Meinungen.
[8] Im Ergebnis ebenso Söhn, in HHSp, AO,/FGO § 109 AO Rz. 57.

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