3.3.1 Entscheidungen durch nur eine Person

 

Rz. 10

Werden die wichtigen Beschlüsse in einer Gesellschaft oder einem Unternehmen nur von einer Person getroffen, wie z. B. vom Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH, vom einzigen Komplementär einer KG ohne weiteren Geschäftsführer oder von einem Einzelunternehmer, so ist es auch beim Vorhandensein eines gut ausgestatteten Büros möglich, dass die entscheidenden Beschlüsse an einem anderen Ort getroffen werden. In einem solchen Fall wird die Gesellschaft oder das Unternehmen von diesem anderen Ort aus geleitet. Dass eine entsprechende Behauptung nur selten widerlegt werden kann, rechtfertigt kein Abgehen von der Regelung des § 10 AO und ein Anknüpfen an Anhaltspunkte, die sonst für die Geschäftsleitung nicht maßgebend sind.[1] Für die Behauptung bedarf es aber eines spezifizierten, konkreten Vortrags. Insbesondere wenn keine Büro- und Geschäftsräume vorhanden sind (z. B. bei einer Vermögensverwaltung), kommt bei einer einzelnen entscheidenden Person ein Anknüpfen an deren Wohnung bzw. häufigsten Aufenthalt in Betracht.[2]

[1] Felix, DStR 1963, 422.
[2] Niedersächsisches FG v. 9.3.1983, IV 303/82, EFG 1983, 596.

3.3.2 Kapitalgesellschaften

 

Rz. 11

Bei Kapitalgesellschaften liegt die Geschäftsleitung regelmäßig an dem Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit ausüben[1], und nicht an dem Ort, von dem die Gesellschafter ihren gesellschaftsrechtlichen Einfluss auf die gesetzlichen Vertreter ausüben. Das gilt nur, wenn die Gesellschafter die tatsächliche Geschäftsleitung dadurch voll an sich ziehen, dass sie nicht nur den laufenden Geschäftsgang überwachen, gelegentlich in ihn eingreifen und dadurch Einfluss nehmen, sondern laufend die Tagespolitik bestimmen und die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erforderlichen Entscheidungen von Gewicht selbst treffen.[2]

Bei Kapitalgesellschaften ist regelmäßig maßgebend, an welchem Ort die zur Vertretung befugten Personen ihre Geschäftsführertätigkeit im Hinblick auf die laufende Geschäftsführung entfalten, also die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Der Ort der Geschäftsleitung liegt im Inland, wenn die Kapitalgesellschaft im Ausland nicht wirtschaftlich tätig ist, dort auch über keine Geschäftsausstattung verfügt, sondern ihre Geschäfte ausschließlich durch ihre inländische Niederlassung annimmt und tätigt.[3] Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung der ausländischen Kapitalgesellschaft kann sich in der inländischen Wohnung ihres Geschäftsführers oder sogar in einem Baucontainer befinden.[4] Werden einer ausländischen Kapitalgesellschaft im Rahmen eines "Managementvertrags" Aufgaben übertragen und von dieser ausgeübt, die die laufenden Entscheidungen von Wichtigkeit im üblichen Geschäftsverkehr enthalten, so kann der Ort der Geschäftsleitung auch bei der ausländischen Kapitalgesellschaft liegen.[5]

3.3.3 Personengesellschaften

 

Rz. 11a

Bei einer Personengesellschaft gilt nichts grundsätzlich anderes. Bei ihr wird sich der Mittelpunkt der Geschäftsleitung regelmäßig an dem Ort befinden, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende Geschäftsführertätigkeit im Hinblick auf die laufende Geschäftsführung entfalten. Bei einer OHG sind zwar grundsätzlich alle Gesellschafter vertretungsberechtigt und (im Innenverhältnis) geschäftsführungsbefugt, der Gesellschaftsvertrag kann jedoch etwas anderes bestimmen. Ist Letzteres der Fall, sind die Verhältnisse bei den nicht ermächtigten Gesellschaftern nur dann bedeutsam, wenn sie die laufenden Geschäfte maßgebend beeinflussen.[1] Maßgebend ist die konkret ausgeübte Geschäftsführung, nicht die abstrakte Weisungsbefugnis.[2] Der Sitz einer Gesellschaft[3] ist mit dem Ort der Geschäftsleitung nicht notwendig identisch.[4] Eine Verlegung des Sitzes kann jedoch als Indiz zu berücksichtigen sein, dass die Geschäftsleitung der Personengesellschaft ebenfalls verlegt worden ist.

 

Rz. 11b

Bei einer KG ist grds. auf die Geschäftsführung durch den/die Komplementäre abzustellen. Auch hier ist ein Handeln der nicht ermächtigten Gesellschafter nur dann relevant, wenn sie die laufenden Geschäfte maßgeblich beeinflussen.[5]

 

Rz. 11c

Zur GmbH & Co. KG vgl. Rz. 15.

3.3.4 Beteiligungs- und Vermögensverwaltung

 

Rz. 12

Ist eine Gesellschaft nur vermögensverwaltend tätig und sind mangels aktiver Tätigkeit besondere organisatorische Vorkehrungen wie das Halten von Büroräumen usw. nicht erforderlich, kann der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung auch dort liegen, wo die Verwahrung z. B. der Wertpapiere, die lauf...

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