Rz. 33

Die Verpflichtungsklage nach § 40 Abs. 1 2. Alt. FGO ist im Gegensatz zur Anfechtungsklage (Rz. 11) darauf gerichtet, die Finanzbehörde zum Erlass eines beantragten und abgelehnten Verwaltungsakts (sog. Vornahmeklage)[1] oder auf Verurteilung zum Erlass eines unterlassenen Verwaltungsakts (sog. Untätigkeitsklage) zu verpflichten. Wie die Anfechtungsklage ist auch die Verpflichtungsklage objektiv verwaltungsaktbezogen. Es kann nur der Erlass eines Verwaltungsakts angestrebt werden. Für alle anderen hoheitlichen Handlungen der Finanzbehörde ist ggf. die allgemeine Leistungsklage statthaft (Rz. 40).

2.4.1 Statthaftigkeit

 

Rz. 34

Die Vornahmeklage ist gem. § 44 Abs. 1 FGO – vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO – nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.[1] Insoweit sind daher auch Antrag sowie dessen Ablehnung zugleich zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage in Form der Vornahmeklage. Die ablehnende Verwaltungsentscheidung braucht nicht durch Anfechtungsklage selbständig angefochten werden. Hat der Kläger im Verwaltungsverfahren überhaupt keinen Antrag auf Erlass des eingeklagten Verwaltungsakts gestellt, ist eine Verpflichtungsklage daher unheilbar unzulässig.[2] Sofern der Antrag des Stpfl. auf Erlass des von ihm begehrten Verwaltungsakts noch nicht von der Finanzbehörde beschieden und daher der begehrte Verwaltungsakt infolge von Untätigkeit der Finanzbehörde unterlassen worden ist, kommt zwar die Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage nach § 40 Abs. 1 2. Alt. FGO in Betracht.[3] Allerdings muss in diesen Fällen zunächst ein Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 S. 2 AO eingelegt werden.[4] Nur wenn es um einen begehrten Verwaltungsakt der in § 348 Nr. 3[5] und Nr. 4 AO[6] genannten Behörden geht, ist ein Untätigkeitseinspruch nicht erforderlich.

 

Rz. 35

Wird nach erfolglosem Untätigkeitseinspruch eine Untätigkeitsklage i. S. des § 40 Abs. 1 2. Alt. FGO erhoben und ergeht daraufhin ein Verwaltungsakt, der dem Antrag des Stpfl. ganz oder teilweise nicht entspricht, kann die Untätigkeitsklage als Anfechtungsklage fortgeführt werden.[7] Begehrte der Kläger ursprünglich im Wege der Verpflichtungsklage eine Bescheidänderung, wandelt sich die Verpflichtungsklage in eine Anfechtungsklage, sofern während des Klageverfahrens Änderungsbescheide erlassen werden und diese gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden sind.[8]

[3] Diese Art der Verpflichtungsklage darf nicht mit der Untätigkeitsklage nach § 46 FGO verwechselt werden. Danach ist nur das Vorliegen der außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren als Sachurteilsvoraussetzung entbehrlich, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf nicht innerhalb angemessener Frist entschieden worden ist.

2.4.2 Verpflichtungs- oder Bescheidungsantrag

 

Rz. 36

Im Erfolgsfall ist die Verpflichtungsklage allerdings nicht wie die Anfechtungsklage nach § 100 FGO selbst vollziehend, d. h. das FG kann den beantragten oder unterlassenen Verwaltungsakt nicht selbst erlassen. Die Verpflichtungsklage ist daher nach § 101 FGO auf den Ausspruch der Verpflichtung gerichtet, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist, ansonsten auf den Ausspruch der Verpflichtung, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.[1]

 

Rz. 37

Ausgehend von den finanzgerichtlichen Spruchmöglichkeiten nach § 101 FGO kann der Kläger im Rahmen seiner Verpflichtungsklage entweder einen Vornahme- bzw. Verpflichtungsantrag oder einen Bescheidungsantrag stellen. Ein Bescheidungsurteil i. S. des § 101 S. 2 FGO wird der Kläger regelmäßig anstreben, wenn er von der beklagten Finanzbehörde eine Ermessensentscheidung verlangt, weil insoweit die Begrenzung der richterlichen Prüfungskompetenz nach § 102 FGO zu beachten ist.[2]

 
Praxis-Beispiel

Antrag: (Ermessensentscheidung) Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... zu verpflichten, den Erlassantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Finanzgerichts neu zu bescheiden.

 

Rz. 38

Nur in den Fällen der sog. Ermessensreduzierung auf Null oder bei einer sog. gebundenen Entscheidung kann das Gericht eine Verpflichtung zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts nach § 101 S. 1 FGO aussprechen, die durch die beklagte Finanzbehörde nach Maßgabe der gerichtlichen Entscheidung nachvollzogen werden muss.[3]

 
Praxis-Beispiel

Anträge:

(Ermessensreduzierung auf Null) Der Kläger beantragt,...

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