Rz. 148

Die sog. Kettenschenkung, bei der ein Ehegatte einen Teil seines Vermögens bzw. einen Geldbetrag unmittelbar einem Kind schenkt, einen anderen Vermögensteil oder einen anderen Geldbetrag seinem Ehegatten zuwendet, der die Zuwendung dann dem Kind weiterreicht, wird als der typische Fall des Gestaltungsmissbrauchs angesehen, wenn dies der Ausnutzung der persönlichen Steuerfreibeträge des § 16 ErbStG dient.[1] Wendet der Bedachte den ihm zugewendeten Gegenstand ohne eine rechtliche Verpflichtung freigebig einem Dritten zu, scheidet die Annahme einer Schenkung des Zuwendenden an den Dritten aus. Ob ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann oder diesen einem Dritten zuwenden muss, ist unter Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie der mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Vertragsparteien zu entscheiden. Für die Annahme einer Weitergabeverpflichtung des Bedachten reicht es jedoch nicht aus, dass der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an einen Dritten weiterschenkt.[2]

Überträgt ein Elternteil ein Grundstück schenkweise auf ein Kind und schenkt das bedachte Kind unmittelbar danach einen Miteigentumsanteil an seinen Ehegatten weiter, ohne dem Elternteil gegenüber zur Weiterschenkung verpflichtet zu sein, liegt schenkungsteuerrechtlich keine Zuwendung des Elternteils an das Schwiegerkind vor. Von einem Gestaltungsmissbrauch kann insoweit ebenfalls nicht ausgegangen werden, weil im Hinblick auf die zivilrechtlichen Rechtsfolgen regelmäßig beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die Gestaltung vorhanden sind und es auch Angehörigen frei steht, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind.[3]

 

Rz. 149

Führt derjenige, der Aussicht auf Erwerb von Privatvermögen hat, die Voraussetzungen für die Begünstigung des Übergangs dieses Vermögens nach § 13a ErbStG[4] formal herbei, indem er gegenläufig Betriebsvermögen auf den Übertragenden überträgt und dadurch das vormalige Privatvermögen beim Übertragenden zu Sonderbetriebsvermögen wird, kommt ein Gestaltungsmissbrauch in Betracht.[5]

 

Rz. 150

Vereinbarten Eheleute rückwirkend den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, war dies nicht als Gestaltungsmissbrauch im Hinblick auf § 5 ErbStG anzusehen, wenn – wie meist – tragfähige außersteuerliche Gründe angeführt werden konnten.[6] Nach § 5 Abs. 1 S. 4 ErbStG in der seit 30.12.1993 gültigen Fassung ist steuerlich nunmehr der Tag des Vertragsabschlusses maßgebend.

Veräußert ein Gesellschafter einem vorformulierten Vertragswerk entsprechend seinen Geschäftsanteil an einen Pooltreuhänder, der diesen bis zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters treuhänderisch für die verbleibenden Gesellschafter hält, unterliegt der Vorgang bei den verbleibenden Gesellschaftern nicht der Schenkungsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG, weil es sich um einen von § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG nicht erfassten derivativen Erwerb handelt. Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten ist darin insbesondere dann nicht zu erkennen, wenn der Geschäftsanteil zu demselben Preis veräußert werden muss, zu dem er erworben wurde, ohne dass ein Anspruch auf Abfindung stiller Reserven oder eines Goodwills bestünde.[7]

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