Rz. 8

§ 29c Abs. 1 AO regelt die Zulässigkeit der Weiterverarbeitung personenbezogener Daten durch Finanzbehörden im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung. Der Begriff der Weiterverarbeitung wird dabei legal definiert als Verarbeitung zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem die Daten von einer Finanzbehörde erhoben oder erfasst wurden. Zugleich wird die Berechtigung der Finanzbehörden zur Weiterverarbeitung der vorhandenen Daten durch einen in S. 1 des § 29c Abs. 1 AO aufgeführten abschließenden Zulässigkeitskatalog begrenzt.[1]

 

Rz. 9

Die Daten müssen einer Finanzbehörde also bereits vorliegen und sie müssen von ihr zu einem anderen Zweck erhoben oder erfasst worden sein. Die Berechtigung zur Erhebung und Erfassung der Daten ergab sich dabei ursprünglich aus § 29b AO oder in der Zeit vor Geltung der DSGVO nach den vormaligen datenschutzrechtlichen Regeln.[2] Nur ursprünglich legitim erhobene oder erfasste Daten dürfen auch der Weiterverarbeitung nach § 29c AO zugrunde gelegt werden.

 

Rz. 10

Die Beschränkung der Verarbeitungsberechtigung bezieht sich nur auf personenbezogene Daten. Dieser Begriff ist identisch mit der Definition in § 29b AO[3] auszulegen. Es muss also eine Zuordnung der Daten zu einer konkreten bzw. konkretisierbaren Person oder Personenmehrheit möglich sein. Anonymisierte oder wirksam pseudonymisierte Daten unterfallen der Weiterverarbeitungsbeschränkung des § 29c AO dagegen nicht.[4]

 

Rz. 11

Der in Art. 4 Nr. 2 DSGVO definierte Begriff der Verarbeitung ist – wie auch im Rahmen des § 29b AO – auch für § 29c AO verbindlich. Auf die Ausführungen zu § 29b AO[5] kann hier also verwiesen werden.

 

Rz. 12

Der Verarbeitungszweck i. S. d. § 29c Abs. 1 S. 1 AO ist nicht identisch mit dem Erhebungszweck (Rz. 5), also dem Verarbeitungsgrund, für den die Daten ursprünglich erhoben, bzw. gespeichert wurden. Vielmehr begründet er die Berechtigung zur Weiterverarbeitung der bereits einer Finanzbehörde legitim vorliegenden Daten (Rz. 9). Eine Weiterverarbeitung liegt demgegenüber vor, wenn der Zweck des Datenverarbeitungsvorgangs nicht mit dem originären Zweck der Datenerhebung übereinstimmt (Rz. 5).

 

Rz. 13

Adressat der Norm sind ausschließlich die Finanzbehörden i. S.  d. § 6 Abs. 2 AO. Zudem gilt die Vorschrift nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AO für die Kommunen bei der Verwaltung der Realsteuern entsprechend.[6] Die Verarbeitung muss im Rahmen der Aufgabenerfüllung der handelnden Finanzbehörde liegen.[7] Es muss sich i. d. R. also zunächst um die für die Aufgabe örtlich und sachlich zuständige Finanzbehörde handeln.

 

Rz. 14

Sowohl die ursprünglich zu einem anderen Zweck erfolgte Erhebung oder Erfassung der Daten, als auch deren Weiterverarbeitung muss durch eine Finanzbehörde erfolgen, wobei die ursprünglich zuständige und die weiterverarbeitende Finanzbehörde nicht identisch sein muss. Im Interesse der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben[8] ist die interne Vernetzung der Finanzbehörden untereinander erforderlich.[9] Dabei setzt eine effektive Verifikation durch die Finanzbehörden neben dem Abgleich mit Eigendaten des Stpfl. auch den Abgleich mit Fremddaten anderer Stpfl. voraus, wozu das Verfahrensrecht die notwendigen Anwendungsregeln[10] schafft.[11]

 

Rz. 15

§ 29c Abs. 1 S. 1 AO lässt allein die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten durch Finanzbehörden zu. Werden Steuerdaten durch Dritte (weiter-)verarbeitet, richtet sich die Zulässigkeit nicht nach § 29c AO, sondern nach der nationalen Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung, ggf. i. V. m. Art. 6 Abs. 4 i.  V. m. Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO.[12] Soweit eine sonstige öffentliche Stelle, die Daten aus dem Besteuerungsverfahren unter Beachtung der §§ 29c Abs. 1, 30 Abs. 4 und 5 AO erhalten hat, richtet sich die Zulässigkeit der Weiterverarbeitung nach Art. 6 Abs. 4 DSGVO i.  V. m. der ggf. einschlägigen nationalen Rechtsgrundlage.[13] Entsprechendes gilt für Daten, die im Rahmen eines nichtsteuerlichen Verfahrens erhoben und nunmehr zu steuerlichen Zwecken weiterverarbeitet werden sollen.[14] Ausländische Finanzbehörden können ebenfalls nicht in den Genuss der Weiterverarbeitungsbefugnis des § 29c AO kommen. Diese haben eine entsprechende Rechtsgrundlage in dem für sie einschlägigen nationalen Gesetz vorzulegen.[15]

 

Rz. 16

Werden Daten zu einem anderen Zweck verarbeitet, ohne dass eine der in § 29c Abs. 1 AO aufgeführten Gestaltungen einschlägig ist, ist diese Verarbeitung datenschutzrechtlich unzulässig.

[1] BT-Drs. 18/12611,78; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 29c AO Rz. 10a; Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 29c AO Rz. 10; Mues, in Gosch, AO/FGO, § 29c AO Rz. 16; Koenig/Pätz, AO, 5. Aufl. 2024, § 29c Rz. 31.
[4] Peuthert/Schaebs, DB 2021, 2650, 2652.
[6] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 29c AO Rz. 8; Koenig/Pätz, AO, 5. Aufl. 2024, § 29c Rz. 23.
[7] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 29c AO Rz. 10; Wackerbeck,...

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