Rz. 13

Nach § 80 Abs. 1 InsO verliert der Schuldner (bis zur Änderung der Terminologie wurde vom Gemeinschuldner gesprochen) grundsätzlich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sein Recht, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen. Diese Rechte gehen auf den Insolvenzverwalter bzw. bei Anwendung des Verbraucherinsolvenzverfahrens den Treuhänder nach § 313 InsO über.[1] Eine Ausnahme hiervon stellt die in § 270 InsO geregelte Eigenverwaltung dar.[2] Zwar benötigt der Schuldner in diesen Fällen die Zustimmung des sog. Sachwalters für bestimmte Geschäfte, doch ist er weiterhin grundsätzlich verwaltungs- und verfügungsberechtigt.[3] Der Schuldner verliert aber auch im üblichen Fall der Einschaltung eines Insolvenzverwalters nicht etwa seine Rechts- oder Geschäftsfähigkeit. Insbesondere bleibt er Eigentümer der zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstände, Gläubiger der zur Masse gehörenden Forderungen und Schuldner der gegen die Masse bestehenden Verbindlichkeiten.[4]

 

Rz. 14

Nach den verschiedenen zur Stellung des Insolvenzverwalters vertretenen Theorien, mit Ausnahme der Organtheorie (vgl. Rz. 21), berechtigen und verpflichten Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters den Schuldner persönlich auch für die Zeit nach Beendigung des Insolvenzverfahrens. Der Schuldner bleibt also materiell Berechtigter, doch fehlen ihm die Verwaltungs- und Verfügungsrechte über sein Vermögen. Ein gutgläubiger Erwerb ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nicht mehr möglich.[5] Eine Ausnahme gibt es hiervon nur beim gutgläubigen Erwerb von Immobilien und anderen Rechten an Grundstücken nach § 892 BGB sowie Rechten an Schiffen und Luftfahrzeugen.[6] Diese Beschränkung besteht allerdings nur für die Insolvenzmasse. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhält der Schuldner seine volle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück.

 

Rz. 15

Aus dieser allgemeinen rechtlichen Stellung des Schuldners als Rechtsträger der Insolvenzmasse und als Berechtigter und Verpflichteter aus den Handlungen des Insolvenzverwalters ergibt sich auch, dass der Schuldner steuerrechtlich das Steuersubjekt der zur Insolvenzmasse gehörenden Besteuerungsgrundlagen ist.[7] Die steuerrechtlichen Folgen der Insolvenz sind folglich ihm zuzurechnen. Der Schuldner ist deshalb auch weiterhin der Steuerschuldner nach § 33 AO.[8] Da er seine Verwaltungsbefugnis aber verliert, treffen ihn die sich aus der AO ergebenden Pflichten nur noch eingeschränkt. Die allgemeinen Mitwirkungspflichten hat er weiterhin zu erfüllen, insbesondere hat er Auskünfte zu erteilen. Für die Abgabe der Steuererklärungen ist hingegen nunmehr der Insolvenzverwalter zuständig.[9] Dies gilt ebenso für die Erfüllung der handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Buchführungspflichten.[10] Der Schuldner hat deshalb auch kein Akteneinsichtsrecht im Insolvenzverfahren.[11]

 

Rz. 16

Für die ESt hat dies zur Folge, dass dem Schuldner auch die Einkünfte weiterhin zuzurechnen sind. Dies gilt sowohl für positive als auch für negative Einkünfte. Gleiches gilt für die KSt. Ausnahmen von dem Grundsatz, dass die Insolvenzeröffnung die einkommensteuerliche Stellung des Schuldners nicht berührt, ergeben sich dann, wenn steuerliche Folgen an die Verwaltungs- oder Verfügungsbefugnis geknüpft werden. Dies betrifft insbesondere die Betriebsaufspaltung, die mangels personeller Verflechtung, die einen einheitlichen Betätigungswillen voraussetzt, mit der Eröffnung des Verfahrens entfällt[12], und auch die Organschaft, da es nach der Insolvenzeröffnung an einer organisatorischen Eingliederung mangelt.

 

Rz. 17

Hinsichtlich der Unternehmereigenschaft des Schuldners nach § 2 UStG vertritt die h. M. zutreffend die Ansicht, dass diese durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt wird.[13] Wichtigstes Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft ist die Ausübung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit. Dies muss nicht eigenhändig geschehen, sondern Unternehmer ist der, dem die Tätigkeit zuzurechnen ist.[14] Der Insolvenzverwalter übt damit zwar die Tätigkeit aus, dies geschieht aber mit Zurechnung für den Schuldner. Unternehmer ist demnach der Schuldner und nicht etwa der Insolvenzverwalter.[15] Dabei gelten hinsichtlich des Umfangs des Unternehmens die allgemeinen Grundsätze. Insbesondere hat ein Unternehmer nur ein Unternehmen.[16] Es ist deshalb nicht zu differenzieren zwischen verschiedenen Vermögensmassen des Schuldners.

 

Rz. 17a

Eine umsatzsteuerliche Organschaft entfällt bei einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft, da die erforderliche Eingliederung entfällt.[17] Dies gilt grundsätzlich auch bei einer Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Organgesellschaft.[18] Keine Beendigung der Organschaft sollte bei vorläufiger Eigenverwaltung eintreten.[19] Durch die Änderung des § 276a InsO im Rahmen des SanInsFoG soll dieses allerdings für Verfahren nach dem 31.12.2020 grundsätzlich nicht mehr gelten, da nunmehr die Vorausse...

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