Rz. 80

Benennt der Stpfl. den Gläubiger bzw. Zahlungsempfänger aufgrund eines ermessensfehlerfreien Verlangens der Finanzbehörde nicht, greift die Rechtsfolge der Nichtabzugsfähigkeit ein. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift tritt die Rechtsfolge nur bei der Nichtbenennung (bzw. nicht ausreichenden Benennung) ein. Hat der Stpfl. den Empfänger vollständig und richtig benannt, sind die Schulden bzw. Aufwendungen abzugsfähig; für Rechtsfolgen im Ermessen der Finanzbehörde ist dann kein Raum.[1]

 

Rz. 81

Bei Nichtbenennung steht die Bestimmung der Rechtsfolge wiederum im Ermessen der Finanzbehörde.[2] § 160 AO bestimmt zwar, dass die Lasten und Ausgaben bei Nichtbenennung steuerlich nicht zu berücksichtigen sind. Dies gilt jedoch nur "regelmäßig", lässt der Finanzbehörde also einen Ermessensspielraum, um auch ungewöhnliche Fälle sachgerecht regeln zu können. Andererseits bedeutet der Ausdruck "regelmäßig", dass die Nichtabziehbarkeit die Regel ist ("intendiertes Ermessen"), die Finanzbehörde also im Regelfall nicht ermessensfehlerhaft handelt, wenn sie zugunsten der Nichtabziehbarkeit entscheidet. Die Grundsätze des ordnungsgemäßen Ermessensgebrauchs können daher nur bei Vorliegen besonderer Gründe zur Abziehbarkeit führen.[3]

 

Rz. 82

Maßstab für diese Ermessensausübung ist der Zweck des § 160 AO, Steuerausfälle durch Nichtansatz der Besteuerungsgrundlagen beim Gläubiger bzw. Zahlungsempfänger zu vermeiden. Die Rechtsfolge ist so zu gestalten, dass, betrachtet man Stpfl. und Empfänger zusammen, ein wahrscheinlich richtiges steuerliches Ergebnis hergestellt wird. Es ist nicht erforderlich, dass das Ergebnis genau richtig ist. Dabei sind auch pauschale Berechnungen der (wahrscheinlichen) Steuerfolgen bei dem Gläubiger bzw. Empfänger zulässig.[4] Die Rechtsfolge ist also von der Finanzbehörde so zu bestimmen, dass einerseits die Gefahr von Steuerausfällen vermieden wird, andererseits aber nicht eine Steuer erhoben wird, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht entstanden ist. Dabei kann mangels anderer Anhaltspunkte unterstellt werden, dass der Steuersatz des Empfängers demjenigen des Stpfl. entspricht, also die gesamte Last bzw. die gesamten Aufwendungen nicht abzugsfähig sind.[5]

 

Rz. 83

Daher ist es ermessensfehlerhaft, wenn die Finanzbehörde bei Nichtbenennung den Abzug versagt, obwohl sie den Gläubiger bzw. Empfänger aus anderer Quelle kennt.[6] Da in diesem Fall die Finanzbehörde die Besteuerung des Gläubigers bzw. Empfängers auch ohne die Benennung durch den Stpfl. sicherstellen kann, besteht keine Gefahr von Steuerausfällen.[7] Entsprechendes gilt, wenn nach den Umständen ausgeschlossen werden kann, dass der Gläubiger bzw. Empfänger der deutschen Besteuerung unterliegt.[8] Wenn keine Gefährdung des deutschen Steueraufkommens vorliegt, darf § 160 AO nicht angewandt werden. § 160 AO soll nur das deutsche Steueraufkommen sichern, nicht aber Schmiergeldzahlungen usw. verhindern.[9] Ein solcher Fall, bei dem keine Gefährdung des inländischen Steueraufkommens besteht, liegt etwa in Schmiergeldzahlungen an ausländische Empfänger. Der Stpfl. bleibt aber auch in diesem Fall mit der Obliegenheit behaftet, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu machen, dass die Zahlungen in der angegebenen Höhe an einen Ausländer gelangt sind und dass dieser im Inland nicht (auch nicht beschränkt) steuerpflichtig ist. Der Stpfl. trägt auch die Beweislast dafür, dass die Vergütungen nicht von dem ausländischen (im Inland nicht steuerpflichtigen) Empfänger in das Inland zurückgeflossen sind.[10] Hierzu kann eine Erklärung der bei dem Stpfl. mit dem Geschäft betrauten Personen bzw. der verantwortlichen Organe des Stpfl. ausreichen.[11] Zweifel gehen zulasten des Stpfl.; die bloße Möglichkeit, dass der Empfänger im Inland nicht steuerpflichtig ist, genügt nicht.[12]

 

Rz. 84

Aus dem Geschäftsgebaren des Stpfl. darf sich keine Gefährdung für das Steueraufkommen ergeben. So ist die Anwendung des § 160 AO nicht ermessensfehlerhaft, wenn als Zahlung hingegebene Schecks über inländische Bankkonten eingelöst werden. Dann ist es nicht ausgeschlossen, dass infolge der inländischen Aktivitäten beschränkte Steuerpflicht besteht.[13]

 

Rz. 85

Entsprechend wäre eine Anwendung des § 160 AO ermessensfehlerhaft, wenn wegen des Zeitablaufs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden muss, dass etwaige Steuernachforderungen gegenüber dem Empfänger verjährt sind.[14] Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei dem Empfänger, der eine der inländischen Steuerpflicht unterliegende Zahlung nicht versteuert hat, i. d. R. Steuerhinterziehung vorliegt. Für die Frage, ob die Steuer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verjährt ist, ist daher die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO sowie die verlängerte Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 2 AO zu berücksichtigen.

 

Rz. 86

Ist der Gläubiger bzw. der Zahlungsempfänger eine Zwischengesellschaft im Ausland (z. B. eine liechtensteinische Ans...

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