Rz. 30

Die zu § 129 AO entwickelten Grundsätze gelten auch bei einer Steuerveranlagung mithilfe von EDV-Anlagen.[1] Dabei sind Fehler in der Programmgestaltung i. d. R. Rechtsfehler, die eine Berichtigung nach § 129 AO nicht zulassen.[2] Ebenso wie einem Sachbearbeiter kann auch einem Programmierer eine offenbare Unrichtigkeit oder ein Rechtsfehler unterlaufen. Eine offenbare Unrichtigkeit liegt etwa vor, wenn das Gesetz eindeutige Rechenschritte vorgibt[3] und diese falsch umgesetzt werden.[4] Ein Rechtsfehler liegt dagegen vor, wenn der Fehler auf einer unrichtigen Auslegung der Vorschrift durch den Programmierer beruht. Eine offenbare Unrichtigkeit liegt auch vor, wenn der Fehler bei der Umsetzung des Programms (des Blockdiagramms) in die Maschinensprache unterlaufen ist.[5] Eine offenbare Unrichtigkeit im Programm liegt etwa vor, wenn aufgrund eines Programmfehlers der im GewSt-Bescheid enthaltene Vorbehalt der Nachprüfung nicht in die ebenfalls maschinell erstellten Zerlegungsbescheide übernommen worden ist.[6].

Eine offenbare Unrichtigkeit kann auch vorliegen, wenn gespeicherte Personenstandsdaten nicht berichtigt werden und dadurch eine falsche Veranlagungsart berücksichtigt wird.[7]

 

Rz. 31

Offenbare Unrichtigkeiten können auch bei Zwischenrechnungen, deren Ergebnis in den Eingabewertbogen übernommen wird[8], bei Ausfüllen der Eingabewertbogen[9] oder beim Ablochen entstehen.[10] Der Fehler muss jedoch auch dann nach den allgemeinen Grundsätzen "offenbar" sein. Ohne Bedeutung ist es für die Anwendung dieser Grundsätze, ob die Eintragung in einem Eingabewertbogen oder direkt in den Rechner über eine Tastatur erfolgt.[11]

 

Rz. 32

Offenbar unrichtig kann auch ein Irrtum über den Aufbau eines EDV-Systems sein, wenn dieser Irrtum eine falsche Eingabe veranlasst und dadurch etwa ein Freibetrag doppelt gewährt oder ein Verlust doppelt berücksichtigt wird.[12] So liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, wenn der Beamte durch die Eintragung einer Schlüsselzahl ein bestimmtes Ergebnis erreichen wollte, dies aber verfehlt, weil die Eintragung in der falschen Zeile erfolgt.[13] Gleiches gilt, wenn versehentlich ein Betrag ohne das erforderliche Minuszeichen ein­getragen wird.[14]

 

Rz. 32a

Daneben liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, wenn der Sachbearbeiter irrtümlich (d. h. ohne steuerliche Wertung) falsche Eingaben macht, z. B. Übersehen notwendiger Eintragungen oder Eingabe falscher Schlüsselzahlen.[15]

 

Rz. 33

Eine für die maschinelle Datenverarbeitung geltende Dienstanweisung ist keine Rechtsanwendungsanweisung, sondern eine Anweisung, wie die Eingaben technisch zu erfolgen haben. Die Nichtberücksichtigung einer solchen Anweisung begründet daher keinen Rechtsfehler, sondern kann ein mechanisches Versehen begründen, das unter § 129 AO fällt.[16]

 

Rz. 34

Möglich ist jedoch auch ein Rechtsfehler, wenn der Sachbearbeiter durch die Eintragung der Schlüsselzahlen ein Ergebnis erreichen wollte, das sachlich unrichtig ist. Es ist Tatfrage des jeweiligen Einzelfalls, ob eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt oder ein Rechtsfehler.[17] Bei der Eintragung unter einer falschen Kennziffer im Eingabewertbogen liegt aber nur dann eine offenbare Unrichtigkeit vor, wenn diese Eintragung nicht auf einer falschen Rechtsansicht oder dem Zugrundelegen eines falschen Sachverhalts beruht; es muss sich vielmehr um ein mechanisches Versehen handeln.[18]

 

Rz. 34a

Da für das elektronische Verfahren die gleichen Grundsätze gelten wie für das herkömmliche Steuerfestsetzungsverfahren, kann auch im elektronischen Verfahren eine offenbare Unrichtigkeit des Stpfl. von dem Finanzbeamten übernommen und dann als eigene offenbare Unrichtigkeit gem. § 129 AO korrigiert werden. Eine offenbare Unrichtigkeit bei Ausfüllung des ELSTER-Formulars kann daher gem. § 129 AO korrigiert werden.[19]

[2] z. T. a. A. BFH v. 28.9.1984, III R 10/81, BStBl II 1985, 32, wo zu Unrecht davon ausgegangen wird, dass der Programmierer keine wertenden Entscheidungen zu treffen habe; die Arbeit eines Programmierers/Systemanalytikers ist aber mit der auf den Einzelfall bezogenen Arbeit eines Sachbearbeiters durchaus vergleichbar.
[3] Wie bei der Vorsorgepauschale oder § 32a EStG.
[6] BFH v. 27.3.1996, I R 83/84, BStBl II 1996, 509.
[9] BFH v. 5.10.1967, IV R 84/67, BStBl III 1967, 793; BFH v. 5.2.1998, IV R 17/97, BStBl II 1998, 535; FG Köln v. 28.11.1980, VIII 464/78 E, EFG 1981, 268; FG Nürnberg v. 27.2.1985, V 126/84, EFG 1985, 428 für Nichteintragung einer Schlüsselzahl; BFH v. 19.3.1985, VIII R 156/70, BFH/NV 1986, 2 für versehentliche Nichtübernahme eines Betrags in den Eingabewertbogen; ebenso BFH v. 10.5.1989, I R 104/85, BFH/NV 1990, 478; vgl. FG Rheinland-Pfalz v. 14.3.1989, 2 K 33/87, EFG 1989, 552 für eine unr...

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