Keine Regelungslücke: Im Übrigen ist es, wenn eine Vorschrift ein Tatbestandsmerkmal nicht enthält, problematisch anzunehmen, die Vorschrift enthielte dieses Tatbestandsmerkmal. In erster Linie ist nämlich davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen, deren Erfüllung er für erforderlich hält, im Gesetz regelt, und Voraussetzungen, deren Erfüllung er nicht als erforderlich ansieht, weglässt. Es kann daher auch nicht vom Vorliegen einer Regelungslücke ausgegangen werden.[65] Insofern kommt eine richtlinienkonforme Fortbildung des nationalen Rechts nicht in Betracht.[66]

Selbst bei Regelungslücke keine Fortbildungsmöglichkeit wg. Gestaltungsspielraum: Selbst wenn aber eine Regelungslücke identifiziert werden könnte, könnte sie nicht durch eine Rechtsfortbildung im Sinne des Unionsrechts geschlossen werden. Dann nämlich hätte der nationale Gesetzgeber beabsichtigen müssen, eine richtlinienkonforme Regelung zu treffen. Eine solche Absicht kann es aber bei der vorliegenden Frage nicht geben. Das Unionsrecht bestimmt als Grundregel, dass Steuern auch ohne ein "Rückzahlungserfordernis" zu erstatten sind, verbietet es den MS aber nicht, dass ein solches Erfordernis zur Bedingung gemacht wird. Insofern überlässt das Unionsrecht es den MS, ihr nationales Recht entsprechend auszugestalten. Es besteht daher eine Art Wahlrecht für die MS. Sowohl die Einfügung als auch die Nichteinfügung eines "Rückzahlungserfordernisses" stehen also im Einklang mit dem Unionsrecht. Eine "richtlinienkonforme" Fortbildung des nationalen Rechts über das "Ob" kann es daher nicht geben.

[65] Vgl. auch Haupt, DStR 2018, 1953 (1956).
[66] Kritisch zur zu weitgehenden Auslegung im vermuteten Sinn der Richtlinie s. auch Weymüller, MwStR 2015, 20 (23).

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