Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerbefreiung der aktiven Arbeitsförderung Arbeitsloser aufgrund des Unionsrechts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Arbeitsvermittler, der Arbeitslosen aufgrund eines mit diesen abgeschlossenen Vermittlungsvertrags Arbeitsverträge vermittelt, kann sich auch dann nicht auf die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g 6. EG-Richtlinie berufen, wenn er das Entgelt aufgrund eines vom Arbeitslosen vorgelegten Vermittlungsgutscheins von der Agentur für Arbeit erhält.

2. Die Vermittlung von Arbeitsverträgen stellt eine eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistung dar, wenn sie Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung zur Wiedereingliederung der Arbeitslosen in das Arbeitsleben umfasst und sich damit ausschließlich an hilfsbedürftige Personen richtet (Anschluss an FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. April 2010 2 K 998/05, EFG 2010, 2037).

3. Ein Arbeitsvermittler ist nicht als anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter anzusehen, wenn er seine Vermittlungsleistungen auf der Grundlage eines mit den einzelnen Arbeitslosen abgeschlossenen Vertrags erbringt und die Kostenübernahme durch die Agentur für Arbeit nicht auf einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung zu dieser beruht.

 

Normenkette

UStG § 4 Nrn. 21-22, § 19; EWGRichtlinie 77/388 Art. 13 Teil A 1 Buchst. g

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.07.2015; Aktenzeichen XI R 35/13)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die von der Klägerin in den Streitjahren erhaltenen Zahlungen für die Vermittlung von Arbeitslosen, die sie auf Grund von Vermittlungsgutscheinen im Sinne des § 421 g des Dritten Sozialgesetzbuches (SGB III) unmittelbar von der Bundesagentur für Arbeit ausgezahlt erhalten hat, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelte sind.

Der Klage liegt im Wesentlichen der folgende Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin ist ihrem Internetauftritt zufolge zertifizierte Partnerin der Job ... Gesellschaft, die durch Personalberater, Kommunikationsberater etc. unter der Firmierung „...” eine einheitliche Dienstleistung anbietet, bei der die Partner im Außenverhältnis selbständig und auf eigene Rechnung tätig werden. Aufgabe der streitgegenständlichen Tätigkeit der Klägerin ist es, Arbeitslose auf dem Arbeitsmarkt durch Vermittlung eines geeigneten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses wieder zu integrieren, die zuvor länger als drei Monate bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitslos registriert waren. In dem mit der Klägerin abgeschlossenen Vermittlungsvertrag hatten sie zu bestätigen, dass sie seit mehr als drei Monaten arbeitslos gemeldet waren (vgl. § 4 Nr. 1 des Vermittlungsvertrages). Für die angestrebte Vermittlung erstellt die Klägerin ein Profil von den beruflichen Fähigkeiten des Bewerbers, führt ein individuelles Bewerbungstraining durch, optimiert die Bewerbungsunterlagen und bereitet ihn auf ein eventuelles Vorstellungsgespräch vor. Die Klägerin hat mit ihren Kunden einen Arbeitsvermittlungsvertrag geschlossen, in dem unter anderem geregelt ist, dass der Arbeitslose der Klägerin im Fall der erfolgreichen Vermittlung eine von dem Arbeitgeber ausgefüllte und unterschriebene Vermittlungsbestätigung zurückzugeben hat. Der Arbeitssuchende wird darauf hingewiesen, dass er bei einem Erfolg der Vermittlungsbemühungen den Vermittlungsgutschein abzugeben hat, weil andernfalls die Provision nicht von der Agentur für Arbeit gezahlt wird und somit von ihm zu begleichen ist (vgl. Ablichtung eines Vermittlungsvertrages in der Anlage zur Einspruchsentscheidung). Bis zur Vorlage des Vermittlungsgutscheines und dessen Einlösung ist die Vermittlungsprovision gestundet. Mit dem der Klägerin von den Arbeitslosen vorgelegten Vermittlungsgutschein beantragte die Klägerin auf einem von der Bundesagentur für Arbeit herausgegebenen Vordruck die direkte Zahlung der vereinbarten Vermittlungsprovision, die der in § 421 g Abs. 2 Satz 4 SGB III gesetzlich vorgesehenen entspricht, bei der Agentur für Arbeit. Die Klägerin hat die Vermittlungsentgelte, die ihr ausschließlich von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt worden sind, als umsatzsteuerfreie Leistungen behandelt.

Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 hat das FA diese Handhabung beanstandet und die dem Regelsteuersatz unterliegenden Entgelte nach Ermittlung der entsprechenden Nettobeträge erhöht und die in dem Zusammenhang angefallenen Vorsteuerbeträge geschätzt. Diese Prüfungsfeststellung führte zu einer Umsatzsteuernachforderung von ... Euro für das Jahr 2004 (... Euro mehr Umsatzsteuer abzüglich ... Euro mehr Vorsteuer), von ... Euro für das Jahr 2005 (... Euro mehr Umsatzsteuer abzüglich ... Euro mehr Vorsteuer) und ... Euro für das Jahr 2006 (... Euro mehr Umsatzsteuer abzüglich ... Euro mehr Vorsteuer). Unter dem 10. Oktober 2008 änderte das FA die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre entsprechend den Prüfungsfeststellungen, die auch andere, soweit erkennbar, zwischen den Beteiligten ...

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