Entscheidungsstichwort (Thema)

Billigkeitserlass von Nachzahlungszinsen, die aufgrund zeitlich verzögerter Gewinnerfassung wegen eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres entstanden sind

 

Leitsatz (redaktionell)

Führt die Wahl eines im Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres bei einer KG im Fall der Veräußerung / Einbringung der Beteiligung aufgrund der zeitlich verzögerten Erfassung des Gewinns im Feststellungsverfahren zur Entstehung von Nachzahlungszinsen gem. § 233 a AO, sind die Zinsen nicht wegen sachlicher Billigkeit zu erlassen

 

Normenkette

AO §§ 227, 233a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.06.2016; Aktenzeichen X R 66/14)

BFH (Urteil vom 01.06.2016; Aktenzeichen X R 66/14)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt den Erlass von Zinsen gem. § 233 a AO.

Der Kläger erzielt gewerbliche Einkünfte. Der Kläger war bis zum 30. November 2010 alleiniger Gesellschafter der "... GmbH" (GmbH) sowie alleiniger Kommanditist der "... GmbH & Co. KG" (KG). Die KG und die GmbH haben jeweils ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01. September bis 31. August. Am 30. November 2010 veräußerte der Kläger diese Anteile bzw. brachte sie in die "... GmbH" ein. Aus dieser Umstrukturierung ergaben sich für den Kläger durch Aufdeckung stiller Reserven ein Veräußerung- bzw. Einbringungsgewinn.

Die Einkommensteuererklärung 2010 des Klägers ging am 01. April 2011 beim Finanzamt ein, in der der Kläger zunächst einen geschätzten Veräußerungsgewinn in Höhe von ... € erklärte. Diesen Gewinn berücksichtigte das Finanzamt im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 2010 vom 15. Juli 2011. Aufgrund eines Rechtsbehelfs wegen eines hier nicht interessierenden Streitpunktes erging am 15. September 2011 ein geänderter Einkommensteuerbescheid 2010.

Die Feststellungserklärung für die KG für das Jahr 2011 wurde am 23. Februar 2012 abgegeben. In der Zeit vom 28. Februar bis 15. März 2012 fand bei der KG eine Bp statt. Hierbei kam es zu einer einvernehmlichen Neuberechnung des Veräußerungsgewinns des Klägers auf nunmehr ... €. Der entsprechende Feststellungsbescheid erging am 04. September 2012.

Anschließend erließ das Finanzamt am 24. September 2012 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 in dem der neuberechnete Veräußerungsgewinn mit nunmehr ... € erfasst wurde. Daneben erließ das Finanzamt einen Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer 2010 in Höhe von ... €.

Mit Schriftsatz vom 08. Oktober 2012 beantragte der Kläger Erlass dieser Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit.

Aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit erging schließlich am 24. Oktober 2012 nochmals ein geänderter Einkommensteuerbescheid 2010, in dem der Veräußerungsgewinn unverändert blieb. Ebenfalls am 24. Oktober 2012 erließ das Finanzamt einen geänderten Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer über nunmehr ...€.

Den Antrag auf Erlass der Zinsen zur Einkommensteuer 2010 lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 05. Dezember 2012 ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das Finanzamt mit Teileinspruchsentscheidung vom 18. April 2013 als unbegründet zurück: Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sei es unerheblich, dass eine zeitliche Verzögerung dadurch eingetreten sei, dass eine Einigung über den Kaufpreis erst im Rahmen der Betriebsprüfung bei der KG und nach Rücksprache mit der Groß- und Konzernbetriebsprüfung erzielt worden sei. Dies entspreche vielmehr den Wertungen des Gesetzgebers und sei nicht sachlich unbillig. So würden insbesondere nachträgliche Werterhöhungen im Rahmen einer Betriebsprüfung häufig vorkommen. Diesbezüglich sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass daraus resultierende Nachzahlungszinsen nicht aus sachlichen Billigkeitsgründen erlassen werden könnten. In diesem Zusammenhang komme ein Erlass bei Gewinnverlagerungen und bei einer nachträglichen Zuordnung von Einkünften zu einem anderen Veranlagungszeitraum ebenfalls nicht in Betracht (siehe BFH-Urteil vom 16. November 2005, Bundessteuerblatt - BStBl II - 2006, 155). Im Übrigen sei vorliegend auch zu berücksichtigen, dass der Kläger den sich aus der Umstrukturierung ergebenden Veräußerungsgewinn selbst im Schätzungswege ermittelt und in der Einkommensteuererklärung für 2010 entsprechend angegeben hatte. Zinsen auf einen Nachforderungsbetrag, der sich aufgrund einer späteren Korrektur des Veräußerungsgewinns ergebe, seien zweifelsfrei vom Anwendungsbereich des § 233 a AO gedeckt. So sei gem. § 233 a Abs. 5 AO eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern, wenn die Steuerfestsetzung geändert werde. Eine sachliche Unbilligkeit könne daran nicht gesehen werden. Ferner könnten Nachteile, welche schon im Besteuerungszweck enthalten seien und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Tatbestandes bewusst in Kauf genommen habe, einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen (BFH-Urteile vom 25. November 1997, BStBl II 1998, 550 und 21. Oktober 2009, BFH/NV 2010, 606). Ein Erlass aus Billigkeitsgründen dürfe nicht dazu führen, die generelle Geltungsanordnung eines den Steu...

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