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Für die Berechnung des Nettoarbeitsentgelts, das bei Arbeitnehmern für den Vergleich mit 80 % des Regelentgelts heranzuziehen ist, stellt sich die Frage, wie sich der sog. "Übergangsbereich" auf die Höhe des anzusetzenden Nettoarbeitsentgelts auswirkt.

Mit Wirkung zum 1.4.2003 wurden für Arbeitnehmer mit einem regelmäßigen Lohn/Gehalt zwischen 400,01 und 800,00 EUR Sonderregelungen bezüglich der vom Arbeitnehmer zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge eingeführt (Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002, BGBl. I S. 4621). Diese Grenze wurde für die Zeit ab 1.1.2013 bis 30.6.2019 auf eine Entgeltspanne von 450,01 EUR bis 850,00 EUR im Monat ausgedehnt (vgl. § 20 Abs. 2 SGB IV i. V. m. dem Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung v. 5.12.2012, BGBl. I S. 2474). Man sprach hier von einer sog. Gleitzonenregelung. Der Arbeitnehmer hatte, wenn die Voraussetzungen der Gleitzonenregelung auf ihn Anwendung fand (kein Auszubildender usw.), einen reduzierten Beitragsanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Deshalb war der vom Arbeitnehmer zu tragende Beitragsanteil niedriger als ohne Gleitzonenregelung (vgl. § 20 Abs. 2 SGB IV, § 226 Abs. 4 SGB V, § 57 Abs. 1 SGB XI, § 163 Abs. 10 SGB VI, § 344 Abs. 4 SGB III; der Arbeitgeberbeitrag blieb unverändert). Wegen der geringeren Lohn-/Gehaltsabzüge stieg das reale Nettoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers.

Durch das Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz) v. 28.11.2018 (BGBl. I S. 2016) wurde mit Wirkung zum 1.7.2019 die Begrifflichkeit der "Gleitzone" i. S. d. § 20 Abs. 2 SGB IV durch den Begriff "Übergangsbereich" ersetzt. Gleichzeitig wurde der Übergangsbereich für die Zeit vom 1.7.2019 bis 30.9.2022 auf ein Arbeitsentgelt bis zu 1.300,00 EUR monatlich ausgedehnt.

Durch das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung wurde dieser Übergangsbereich für die Zeit ab 1.10.2022 auf ein Arbeitsentgelt in Höhe von 520,01 EUR bis 1.600,00 EUR angehoben. Die Arbeitnehmer zahlen innerhalb des Übergangsbereichs nur einen reduzierten Beitragsanteil zur Sozialversicherung. Dieser Beitragsanteil steigt je nach Höhe des Arbeitsentgelts progressiv an. Der verminderte Arbeitnehmerbeitrag ergibt sich dabei durch die rechnerische Reduzierung der beitragspflichtigen Einnahmen.

 
Praxis-Beispiel

Ein teilzeitbeschäftigter Versicherter mit Anspruch auf Übergangsgeld verdient ab 1.10.2022 je Kalendermonat 1.200,00 EUR brutto. Da sein Arbeitsentgelt im Übergangsbereich des § 20 Abs. 2 SGB IV liegt, wird sein Arbeitnehmeranteil bei den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen nicht von 1.200,00 EUR, sondern von 1.142,40 EUR abgelesen. Deshalb steigt sein Nettoarbeitsentgelt von 830,00 EUR (= ohne Anwendung des § 20 Abs. 2 SGB IV) auf 856,50 EUR monatlich.

Nach § 66 Abs. 1 Satz 2 werden sowohl bei der Berechnung des Regelentgelts als auch bei der Berechnung des Nettoarbeitsentgelts die für die jeweilige Beitragsbemessung und Beitragstragung geltenden Besonderheiten des Übergangsbereichs i. S. d. § 20 Abs. 2 SGB IV nicht berücksichtigt. Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss beim Ausfüllen der Verdienstbescheinigung für die Berechnung des Übergangsgelds im Gegensatz zur Beitragsberechnung das Bruttoarbeitsentgelt angeben, welches sich ohne Anwendung der Übergangsbereichsregelung ergibt. Außerdem hat er das Nettoarbeitsentgelt auf der Basis der allgemeinen Beitragsermittlungsgrundsätze und unter Außerachtlassung der Regelungen zum Übergangsbereich zu ermitteln. Dadurch wird der Rehabilitand bei der Berechnung des Nettoarbeitsentgelts für das Übergangsgeld so gestellt, als ob er uneingeschränkt beitragspflichtig wäre. Maßgebend für die Berechnung des Nettoarbeitsentgelts, welches für die Ermittlung des Übergangsgeldes bei dem Vergleich mit 80 % des Regelentgelts zugrunde zu legen ist, sind im oben aufgeführten Beispiel 830,00 EUR und nicht 856,50 EUR.

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