Leitsatz

1. Erstattet eine Personengesellschaft ihrem Gesellschafter im Zuge der schadenersatzrechtlichen Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs seine Einlage, handelt es sich beim Gesellschafter ertragsteuerrechtlich um einen Vorgang auf der Vermögensebene, der bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen führt. Unerheblich ist, wie die Gesellschaft die ursprüngliche Einlageleistung verwendet hat (Abgrenzung von BGH, Urteil vom 11.02.2014 ‐ II ZR 276/12, BGHZ 200, 51, DStR 2014, 602).

2. Kosten für einen Zivilprozess und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten teilen als Folgekosten die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren; sie können Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Geht es in dem Rechtsstreit um mögliche Einnahmen (oder den Ersatz von Aufwendungen) des Steuerpflichtigen, sind die Prozesskosten bei der Einkunftsart als Werbungskosten abziehbar, bei der die erstrebten Einnahmen zu erfassen wären.

3. Aufwendungen, die dem Zweck dienen, sich aus einer gescheiterten Investition zu lösen, können als Werbungskosten nur abgezogen werden, soweit es sich um vorab entstandene vergebliche Aufwendungen (sog. Aufgabeaufwendungen) handelt (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 15a Abs. 4, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger beteiligte sich 1996 mit 120.000 DM (zzgl. 5 % Agio) an einem geschlossenen Immobilienfonds, der ihm Einkünfte aus VuV vermittelte. Die Einlage war fremdfinanziert. Die Gesellschaft erzielte die im Prospekt in Aussicht gestellten Erträge nicht. Seit 2011 begehrte der Kläger von der finanzierenden Bank erfolglos Schadenersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss. Die Bank habe ihn so zu stellen, als ob er sich niemals beteiligt hätte. Die (vergeblich aufgewandten) Rechtsverfolgungs- und Prozesskosten machte er als Werbungskosten bei VuV geltend. Die Beteiligung habe in den ersten Jahren zu Verlustzuweisungen i.H.v. 88 % der Einlage geführt. Die Rückgewähr der Einlage hätte zumindest insoweit bei ihm zur Erstattung von Werbungskosten und mithin zu Einnahmen geführt. Das FG hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keine Einnahmen erzielen, sondern die Einkunftsquelle loswerden wollen (Hessisches FG, Urteil vom 12.11.2019, 7 K 352/19, Haufe-Index 14446885, EFG 2021, 1012).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil im Ergebnis bestätigt und die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Rechtsverfolgungskosten können nicht als Werbungskosten abgezogen werden, weil der geltend gemachte Anspruch auf Schadenersatz (Einlageerstattung von dritter Seite) im Erfolgsfall beim Kläger nicht zu steuerbaren Einnahmen geführt hätte.

 

Hinweis

1. Die Rückabwicklung des ursprünglichen Anschaffungsgeschäfts ist kein marktoffenbarer Vorgang und keine Veräußerung. Die wechselseitige Rückgewähr von Leistungen stellt nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der zivilrechtlichen Rückabwicklung dar. Das gilt auch für die Rückabwicklung eines Beteiligungserwerbs.

2. Eine solche Rückabwicklung kommt auch im Dreiecksverhältnis in Betracht. Leistet das den Beteiligungserwerb finanzierende Kreditinstitut Schadenersatz, indem es den Erwerber vermögensmäßig so stellt, als ob er sich niemals beteiligt hätte, sind die Leistungen steuerlich nicht anders zu beurteilen, als wenn der Beteiligungserwerb zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft rückabgewickelt worden wäre. Das meint der Ausdruck "schadenersatzrechtliche Rückabwicklung".

3. Ungeklärt und umstritten war bisher, ob die Erstattung der Einlage im Zuge der Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs beim Empfänger zu Einnahmen führen kann. Der erkennende Senat hatte dies bei etwas anderer Sachlage für möglich erachtet (BFH, Beschluss vom 7.5.2015, IX B 146/14, BFH/NV 2015, 1088). Der BGH hält dies sogar für wahrscheinlich und hat deshalb seine Rechtsprechung geändert (BGH, Urteil vom 11.2.2014, II ZR 276/12, BFH/NV 2014, 814). Er versagt dem Schädiger die Vorteilsanrechnung mit der Begründung, der Geschädigte müsse die Schadenersatzleistung (teilweise) versteuern, sodass ihm der steuerliche Vorteil der Verlustzuweisung nicht verbleibe. Mit der Einlage würden (wirtschaftlich) Werbungskosten erstattet, die zuvor auf Ebene der Gesellschaft abgezogen worden und dem Gesellschafter in Form von Werbungskosten-Überschüssen zugute gekommen seien.

4. Das hat den BFH nicht überzeugt. Er hat die Frage nun verneint und sich damit u.a. von der Rechtsprechung des BGH abgegrenzt. Die Erstattung der Einlage ist ein Vorgang auf der Vermögensebene und führt beim Empfänger nicht zu Einnahmen. Es kommt nicht darauf an, wie die Gesellschaft die Einlage verwendet hat.

a) Zwischen den Werbungskosten auf Gesellschaftsebene und der Einlageleistung des Gesellschafters besteht kein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang. Müsste der Empfänger die erstattete Einlage ganz o...

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