Entscheidungsstichwort (Thema)

Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegen einen Gesellschafter ergangene, leglich auf § 193 Abs. 1 AO gestützte, eine Personengesellschaft betreffende Prüfungsanordnung auch ohne weitere Bergründung rechtmäßig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine an eine Personengesellschaft (im Streitfall: ärztliche Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer GbR) gerichtete, auf § 193 Abs. 1 AO gestützte Prüfungsanordnung ist ohne weitere Begründung auch dann unabhängig davon rechtmäßig, dass gegen einen der Gesellschafter im Zusammenhang mit seinem früheren, zwischenzeitlich in die GbR eingebrachten Einzelunternehmen steuerstrafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden sind. Das gilt auch dann, wenn sich hinsichtlich der Prüfungsinhalte und der Besteuerungszeiträume Überschneidungen ergeben könnten und aus der Außenprüfung unter anderem auch Erkenntnisse über die Behandlung der bei der strafrechtlichen Prüfung in Rede stehenden Sachverhalte (im Streitfall: Zuordnung von hochpreisigen Fahrzeugen zum Betriebvermögen) gewonnen werden sollten. Insoweit ist unerheblich, ob zwischen der Betriebsprüfungsstelle und der Steuerfahndung Informationen zum Streitfall ausgetauscht werden oder eine „intensive Abstimmung” stattfindet.

2. Für die Anordnung einer Außenprüfung ist unerheblich, ob hinsichtlich der betroffenen Steuerarten und Besteuerungszeiträume der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht. Dies gilt auch, soweit die erstmalige Anordnung einer Außenprüfung in Rede steht. Insoweit ist nicht zwischen erstmaligen Prüfungen und Anschlussprüfungen zu unterscheiden. Denn die Anordnung einer Außenprüfung ist auch zulässig, soweit ausschließlich festgestellt werden soll, ob und inwieweit Steuerbeträge hinterzogen oder leichtfertig verkürzt worden sind.

 

Normenkette

AO §§ 5, 93, 193 Abs. 1, § 194 Abs. 1 S. 3, §§ 369, 370 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 102

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.05.2022; Aktenzeichen VIII B 53/21)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die zum 1. April 2014 von den Ärzten A (nachfolgend: A) und B zum Zweck des Betriebs einer Gemeinschaftspraxis für Urologie gegründet wurde. Beide Gesellschafter brachten ihre bis dahin einzeln geführten Arztpraxen in die Gesellschaft ein. Mit der steuerlichen Vertretung war die C (nachfolgend: C) beauftragt, die auch gegenüber dem Beklagten auftrat.

Im Mai 2017 wurde gegen A ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes … teilte dem Beklagten hierzu mit, gegen A bestehe der Verdacht, Straftaten nach §§ 369, 370 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) begangen zu haben, indem er in den Jahren 2012 bis 2014 sieben hochwertige Fahrzeuge dem Betriebsvermögen zugeordnet habe, obwohl eine betriebliche Nutzung der Fahrzeuge zu mehr als 50 % nicht erfolgt sei.

Vierzehn Monate später, im Juli 2018, meldete die Veranlagungsstelle des Beklagten die Klägerin für das Jahr 2016 zur Durchführung einer Außenprüfung bei der Betriebsprüfungsstelle des Beklagten an. Zur Begründung führte sie aus: „Angestellte (r) Arzt / Ärzte vorhanden. Es liegt aber nur ein Anstellungsvertrag vor, aus dem nicht eindeutig ersichtlich ist, inwieweit dieser weisungsgebunden ist – gewerbliche Prägung ist zu prüfen. Vorliegender Vertrag wurde auch nur von einem Gesellschafter (A) mit ‚angestelltem’ Arzt geschlossen.

Weiterhin wurden Fortbildungskosten (u. a. für Tochter des Gesellschafters A) in Höhe von 14.840 Euro beantragt. Hierbei handelt es sich um die Übernahme der Studiengebühren für das komplette Studium (mit zehnjähriger Vertragsbindung nach Studium). Vertragliche Gestaltung möglich und tatsächlich ausgeführt? Betriebsausgaben?

Für mehrere Leasing-Pkw, welche angestellte AN nutzten, wurde der Sachbezug in mit der Lohnsteuer ermittelt und abgeführt. Eine Berechnung bzw. tatsächliche Versteuerung ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich / nachvollziehbar. Ein Pkw (BMW) davon nutzt die Ehefrau des Gesellschafters B.

Als Pkw-Eigenverbrauch wurde die 1%-Regelung für eine Person (D) ermittelt und versteuert. Aus den Unterlagen ist nicht ersichtlich, in welchem Zusammenhang die Person mit der GbR steht (kein Gesellschafter, nicht als AN ausgewiesen). Bei dem Pkw handelt es sich auch um einen Borgward Coupe (Oldtimer).”

Die Betriebsprüfung übernahm den Fall im September 2018 zunächst in die Vormerkliste für 2016. Ein halbes Jahr später, im März 2019, entschied sie, eine Prüfung sei bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2014 erforderlich, und änderte den Listeneintrag entsprechend.

Am 17. Juli 2019 erließ die Betriebsprüfungsstelle sodann unter Verweis auf § 193 Abs. 1 AO die angefochtene Prüfungsanordnung gegenüber der Klägerin. Sie wurde der C mit dem Hinweis bekannt gegeben, dies geschehe mit Wirkung für und gegen die Klägerin. Die Prüfung erstrecke sich – so die Angabe in der Prü...

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