Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarkeit von § 3 Nr. 4 StBerG mit Europarecht. Abgrenzung der Niederlassungsfreiheit von der Dienstleistungsfreiheit. Steuerberatungssachen (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 3 Nr. 4 StBerG entspricht den Vorgaben der Art. 49 und 50 EG und transformiert sie in innerstaatliches Recht. Die Vorschrift vermittelt keine weitergehenden Rechte, als sie bislang aus dem EG-Recht unmittelbar hergeleitet werden konnten.

2. Die Dienstleitsungsfreiheit ist durch den vorübergehenden Charakter der fraglichen Tätigkeiten von dem Institut der Niederlassungsfreiheit abzugrenzen. Das Merkmal „vorübergehend” ist dabei nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch nach ihrer Häufigkeit, Regelmäßigkeit oder Kontinuität zu verstehen.

3. Eine im Ausland niedergelassene und dort zur umfassenden Hilfeleistung in Steuersachen befugte Gesellschaft (hier: Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts) ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Dienstleistungsfreiheit zu gewerbsmäßiger, nicht auf nur vorübergehende Tätigkeiten wie etwa punktuelle steuerliche Beratung beschränkte Hilfeleistung in Steuersachen berechtigt. Wenn die Gesellschaft fortlaufend in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Mandanten betreut hat und betreut, ist sie zwingend nach § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigte im Besteuerungsverfahren zurückzuweisen.

 

Normenkette

AO 1977 § 80 Abs. 5; StBerG § 3 Nr. 4; EG Art. 49, 50 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.01.2004; Aktenzeichen VII B 99/03)

BFH (Beschluss vom 21.01.2004; Aktenzeichen VII B 99/03)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts mit Sitz in …. Gegenstand der Gesellschaft ist u.a. die Datenverarbeitung sowie das Halten und Führen von Geschäftsbüchern für natürliche Personen und für nationale und internationale Gesellschaften, die Erstellung von Bilanzen und Steuererklärungen sowie die Beratung in betriebswirtschaftlichen, organisatorischen und steuerrechtlichen Fragen. Am 19. Januar 2000 wurde ihr in … die Erlaubnis erteilt, durch ihren Verwaltungsratsvorsitzenden Dipl.-Kfm. …, der im übrigen 98 % der Aktien der Klägerin hält, die freiberufliche Tätigkeit eines expert comptable auszuüben. … ist deutscher Staatsangehöriger, der seinen Wohnsitz in … genommen hat; bundesdeutsche Mandanten der Klägerin werden ausschließlich durch ihn betreut. Der Briefkopf der Klägerin nennt als inländischen Zustellungsbevollmächtigten … mit einer Adresse in ….

Die Klägerin hat u.a. bei der Anfertigung der Umsatz- und Gewerbesteuererklärung 1999 für die in …ansässige und beim Beklagten (dem Finanzamt -FA-) steuerlich geführte … & Co. oHG mitgewirkt; diese wie auch die ebenfalls beim FA steuerlich geführte … und … GbR wurden von der Klägerin auch anläßlich einer Betriebsprüfung steuerlich vertreten. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 20. Februar 2002 hat das FA die Klägerin unter Berufung auf die Vorschriften des § 80 Abs. 5 und 7 der Abgabenordnung (AO 1977) als Bevollmächtigte ihrer o.g. Auftraggeber zurückgewiesen. Der Bescheid erging im Einspruchsverfahren gegen den Zurückweisungsbescheid vom 27. Dezember 2001, der wegen inhaltlicher Unbestimmtheit unwirksam war. Mit Einspruchsentscheidung vom 2. August 2002 hat das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen, wogegen sich die vorliegende Klage richtet.

Die Klägerin trägt im wesentlichen vor, ihr Verwaltungsratsvorsitzender sei gelernter Steuergehilfe und habe vor und nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Fächern Steuerlehre, Wirtschaftsprüfung und Treuhandwesen mehrere Jahre bei einem Steuerberater bzw. bei einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gearbeitet. Die Zulassung zur Steuerberaterprüfung sei ihm allein deshalb versagt worden, weil seine vor Abschluß des Studiums absolvierte berufspraktische Tätigkeit nach dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) nicht habe anerkannt werden können. Nach einigen Jahren habe er dann in die Unternehmensberatung gewechselt und sei Anfang der 90er Jahre hauptsächlich in den neuen Bundesländern eingesetzt gewesen. Nebenher habe er mehrere Jahre als Vorsitzender des Verbandes … fungiert und sei bei der 7. Novelle zum StBerG als Sachverständiger geladen gewesen. Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit der Bürokratie, in der das Finanzministerium seinen Beamten durch das StBerG auf Kosten des Berufsstandes der Buchhalter ein Monopol sichere, habe er den Weg ins Ausland gewählt. Seitdem sei er vorwiegend für die Zielgruppe mit bundesdeutschen Steuerproblemen tätig.

Der Kontakt mit dem ….Mandanten habe sich beiläufig ergeben. Dessen -von einem Steuerberater erstellte- Buchhaltung habe sich in einem katastrophalen Zustand befunden, was zu den Schätzungen und der Betriebsprüfung geführt habe. Das Rechnungswesen des Mandanten sei inzwischen in Ordnung gebracht, die Schlußbesprechung einvernehmlich beendet worden. Sac...

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