Entscheidungsstichwort (Thema)

Wesentlichkeitsgrenze für die Verlustberücksichtigung nach § 17 EStG ist veranlagungszeitraumbezogen zu bestimmen. Zurechnung und Bewertung nachträglicher Anschaffungskosten eines GmbH-Gesellschafters bei mehreren Anteilserwerben

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Herabsetzung der Wesentlichkeitsgrenze mit dem StEntlG 1999/2000/2002 entfaltet für die Verlustanerkennung nach § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG keine Rückwirkung und ist veranlagungszeitraumbezogen zu bestimmen.

2. Bei mehreren Anteilserwerben eines wesentlich beteiligten Gesellschafters liegt es nahe, nachträgliche Anschaffungskosten (z. B. bei einer Bürgschaft mit eigenkapitalersetzendem Charackter), die nicht einzelnen Anteilen zugeordnet werden können, sondern die Gesellschafterstellung insgesamt berühren, nach den Wertungen zuzuordnen und abzuziehen, die den ausdrücklich getroffenen gesetzlichen Regelungen zugrunde liegen. Danach ist ein Abzug nachträglicher Anschaffungskosten nur insoweit gerechtfertigt, als dies dem Zweck der Abzugsbeschränkung nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG entspricht.

3. Nachträgliche Anschaffungskosten eines GmbH-Gesellschafters, der erst durch den Hinzuerwerb weiterer Anteile die Voraussetzungen für eine steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Verlusten nach § 17 EStG geschaffen hat, sind auf den Stichtag dieses Hinzuerwerbs zu bewerten.

 

Normenkette

EStG 1997 § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst. b, Abs. 1 S. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.02.2010; Aktenzeichen IX B 165/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten als Veräußerungsverluste nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Klägerin war seit 1995 zu 24 % an der B. GmbH (im Folgenden: GmbH) beteiligt. Ferner hielt die Klägerin alle Anteile der T. GmbH, zu deren Geschäftsführer der Kläger bestellt war. Am 26. Dezember 1996 schlossen die Kläger eine Vereinbarung, in der sie ausführten, die T. GmbH beabsichtige, neun Eigentumswohnungen in R zu einem Preis von 2.040.640,– DM an die GmbH zu veräußern. Die GmbH erhalte hierzu ein erstrangig abzusicherndes Darlehen der Sparkasse D. über 1.200.000,– DM sowie in weiteres Darlehen des Klägers in Höhe von 1.100.000,– DM. Da letzteres auf dem Grundstück nur nachrangig besichert werden könne, übernehme die Klägerin „als alleinige Gesellschafterin der T. GmbH und Mitgesellschafterin der B. GmbH” eine selbstschuldnerische Bürgschaft für die Rückzahlung der Darlehenssumme zur weiteren. Sicherung des Darlehens der Sparkasse D. an die GmbH übernahm die Klägerin eine zweite selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 300.000,– DM. Die Darlehensverträge zwischen der GmbH auf der einen sowie der Sparkasse D. bzw. dem Kläger auf der anderen Seite kamen am 30. Dezember 1996 zustande. Der Grundstückserwerb erfolgte wie geplant.

Mittlerweile befindet sich die GmbH in Insolvenz. Hierzu hatte sie zunächst am 15. Mai 2001 einen Eröffnungsantrag gestellt, diesen jedoch sodann zurück gezogen. Auf ihren erneuten Antrag vom 09. April 2002 wurde das Verfahren eröffnet. Es ist noch nicht abgeschlossen. In seinem Insolvenzgutachten vom 29. Mai 2002 führte der Insolvenzverwalter unter anderem aus, das buchmäßige Eigenkapital der GmbH habe in 1993 DM 28.000,– betragen, in 1994 seien es -39.000,– DM gewesen, in 1995 sodann -252.000,– DM, in 1996 -2.577.000,– DM, in 1997 -2.689.000,– DM, in 1998 -2.116.000,– DM und in 1999 -2.103.000,– DM. Die vorläufige Bilanz zum 31. Dezember 2000 weise einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 1.914.000,– DM aus. Da sich die wirtschaftliche Situation seit 2001 nicht verbessert habe, sei die GmbH somit spätestens seit Ende 2000 insolvenzreif. Sie habe ihren Geschäftsbetrieb faktisch bereits sei Mai 2001, spätestens jedoch endgültig Ende März 2002 eingestellt. Eine Wiederaufnahme sei nicht möglich, weil die erforderliche Liquidität fehle.

Der Kläger, der nach eigenem Bekunden am 22. März 2000 eine Tilgungsleistung von 100.000,– DM auf das an die GmbH gewährte Darlehen über 1.100.000,– DM erhalten hatte, stellte das Restdarlehen von 1.000.000,– DM zum 31. Dezember 2000 fällig und mahnte die Zahlung nochmals unter dem 05. Januar 2001 an.

Mit notariellem Vertrag vom 22. Januar 2001 erwarb die Klägerin einen weiteren Gesellschaftsanteil von 36 % an der GmbH hinzu, den sie knapp zwei Monate später, am 08. März 2001, zusammen mit ihrem Anteil von 24 % wieder veräußerte.

Die neun Eigentumswohnungen wurden – so der Vortrag der Kläger – mit notariellen Vertrag vom 07. Februar 2001 an die G. Handel und Beteiligungen GmbH (im Folgenden: G. GmbH) veräußert. Der Kläger habe hieraus eine Zahlung von 152.747,04 DM auf sein gekündigtes Darlehen erhalten. Der weitere Kaufpreis wurde dem Vortrag der Kläger zufolge dadurch beglichen, dass die G. GmbH zum 31. Januar 2001 die ...

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