Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung eines Mitunternehmeranteils für Zwecke der Erbschaftsteuer. vereinfachtes Ertragswertverfahren. Kapitalisierungsfaktor. Stichtagsprinzip. keine Berücksichtigung der Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen beim nachhaltig erzielbarem Jahresertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 11 Abs. 2 S. 2 BewG, wonach das vereinfachte Ertragswertverfahren nur zur Anwendung kommt, wenn für den zu bewertenden Unternehmenstyp keine Wertermittlungsmethode unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder kein anderes anerkanntes, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke übliches Verfahren einschlägig ist, ist dahin zu verstehen, dass sämtliche Methoden anerkannt und üblich sein müssen, auch solche des Ertragswertverfahrens. Die im Streitfall von den Klägern angewandte Berechnung des Ertragswerts nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen des Kompetenzzentrums UBM – Unternehmensbewertung im Mittelstand an der Fachhochschule Münster für die Branche Nahrungs- und Genussmittel ist keine solche anerkannte und übliche Methode.

2. Nach der vom Gesetzgeber in § 205 Abs. 11 BewG aufgestellten, auch das Gericht bindenden Anwendungsregel ist für die Erbschaftsteuer stets der Stichtag des Erbfalls maßgeblich. Für eine rückwirkende Anwendung einer späteren Regelung ist kein Raum. Alle Erbschaftsteuerfälle bis zum 31.12.2015 sind daher mit dem Kapitalisierungsfaktor der bis dahin geltenden Rechtslage zu behandeln.

3. Tätigkeitsvergütungen der Gesellschafter bleiben als Sondervergütungen bei der Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Jahresertrags nach § 201 Abs. 1 BewG unberücksichtigt, da Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen der Personengesellschaft bei einem Anteil am Betriebsvermögen nicht angesetzt werden.

 

Normenkette

BewG § 151 Abs. 1, § 11 Abs. 2, § 109 Abs. 2, § 199 Abs. 2, § 205 Abs. 11, § 201 Abs. 1; ErbStG § 12 Abs. 5

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Wert eines Anteils am Betriebsvermögen zur Ermittlung der Erbschaftsteuer.

Die Klägerin zu 2. ist Erbin nach Herrn X, der an der Klägerin zu 1. zu 35% beteiligt war. Neben Herrn X waren noch die Gesellschafter Frau Y, Herr Y und Herr Z als Kommanditisten beteiligt. Die … GmbH (im Folgenden nur GmbH) ist deren Komplementärin. Im Jahresabschluss der Klägerin zu 1. sind Umsatzerlöse für 2015 in Höhe von EUR … aufgeführt. In den Jahresabschlüssen der Jahre 2012 bis 2014 ist eine Tätigkeitsvergütung für den Gesellschafter Herrn Y von EUR … für 2012, von EUR … für 2013 und von EUR … für 2014 enthalten. In den steuerlichen Gewinnverteilungen ist insgesamt jeweils eine Kapitalkontenverzinsung vorgenommen in 2012 von EUR …, 2013 von EUR … und 2014 von EUR … vorgenommen worden.

Herr X verstarb am …2015. Das Finanzamt … forderte am … den Beklagten auf, den Wert des Anteils am Betriebsvermögen der Klägerin zu 1. festzustellen. Die Klägerin zu 2. gab eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswertes ab und errechnete den gemeinen Wert des erworbenen Anteils der Klägerin zu 1. mit EUR … im Wege des vereinfachten Ertragswertverfahrens:

2012 EUR

2013 EUR

2014 EUR

Ausgangswert – Gewinn

Sonderabschreibungen

+ …

+ …

Ertragssteueraufwand

+ …

+ …

+ …

Summe der Hinzurechnungen

Außerordentliche Erträge

- …

Angemessener Unternehmerlohn

- …

- …

- …

Sonstige Abzüge

Betriebsergebnis

Abgeltung Pauschal 30% Ertragssteueraufwand

- …

- …

- …

Betriebsergebnis

Durchschnittsertrag

Kapitalisierungsfaktor Kehrwert aus 7,05%

Ertragswert

Summe der Kapitalkonten

Kapitalkonto des Erblassers

Gewinnverteilungsschlüssel

35%

Differenz Ertragswert und Summe der Kapitalkonten

Anteil auf den Erblasser entfallende Differenz

Kapitalkonto des Erblassers

+ …

Gemeiner Wert der Beteiligung

Am …2017 erließ der Beklagte einen Feststellungsbescheid hinsichtlich des Wertes des Anteils an der GmbH, der die GmbH und Klägerin zu 2. als Feststellungsbeteiligte auswies. Mit Bescheid vom … 2017 stellte der Beklagte den Wert der Klägerin zu 1. auf EUR … fest. Dabei wich er von der Erklärung insoweit ab, dass er den angegebenen Unternehmerlohn in Höhe von EUR … für 2012, EUR … für 2013 und von EUR … für 2014 kürzte sowie sonstige Abzüge für 2013 von EUR … und für 2014 von EUR … nicht berücksichtigte sowie den maßgeblichen Basiszins für Erbfälle mit 0,99% annahm.

Die Wertermittlung nahm der Beklagte wie folgt vor:

2012 EUR

2013 EUR

2014 EUR

Ausgangswert – Gewinn

Sonderabschreibungen

+ …

+ …

Ertragssteueraufwand

+ …

+ …

+ …

Summe der Hinzurechnungen

Außerordentliche Erträge

- …

Angemessener Unternehmerlohn

- …

- …

- …

Summe der Kürzungen

Betriebsergebnis

Abgeltung Pauschal 30% Ertragssteueraufwand

- …

- …

- …

Betriebsergebnis

Durchschnittsertrag

Kapitalisierungsfaktor Kehrwert aus 5,49%

Ertragswert

Summe der Kapitalkonten

Kapitalkonto des Erblassers

Gewinnverteilungsschlüssel

35%

Differenz Er...

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