rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

„Stromvergleich” in den neuen Bundesländern als entgeltliches Geschäft. Anschaffungskosten der Versorgungsanlagen. rückwirkende Neuregelung des kommunalen Querverbunds durch das JStG 2009 ist verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der sog. „Stromvergleich” vom 22.12.1992, durch den sich Treuhandanstalt und Energieversorgungsunternehmen bereit erklärten, den beschwerdeführenden Kommunen, sofern sie eine Genehmigung zur Aufnahme der Stromversorgung nach § 5 des Energiewirtschaftsgesetzes erhalten, „auf Verlangen alle örtlichen Versorgungsanlagen (Strom und Fernwärme) gegen Erstattung des Sachzeitwerts auf den Stichtag 31.12.1990” zu übertragen, stellt keine Vermögensrückgabe oder vergleichbaren Vorgang, sondern ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft dar.

2. Zur Ermittlung der Anschaffungskosten bei späterer Übertragung der Versorgungsanlagen auf eine kommunale Eigengesellschaft (GmbH) gegen den durch Verzicht auf den Rückübertragungsanspruch aus dem Stromvergleich zu leistenden Sachzeitwert der Anlagen.

3. Die rückwirkende Neuregelung des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG durch das Jahressteuergesetz 2009, nach der die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei kommunalen Eigenbetrieben in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft nicht zu ziehen sind, wenn ein Dauerverlustgeschäft aus den dort aufgeführten Gemeinwohlgründen unterhalten wird, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und stellt keine neue Beihilfe im Sinne des Art. 108 Abs. 3 AEUV dar.

 

Normenkette

KStG 2002 § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 Fassung: 2008-12-19; KStG § 8 Abs. 3 S. 2; GG Art. 20 Abs. 3; AEUV Art. 108 Abs. 3; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1; HGB § 253 Abs. 1, § 255 Abs. 1

 

Tenor

1. Unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 1998 vom 31. Mai 2006 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2007 wird das Einkommen im Sinne des § 47 Abs. 2 Nr. 3 EStG auf den Betrag festgestellt, der sich ergibt, wenn der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 755.697,– DM unterbleibt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 18 % und dem Finanzamt zu 82 % auferlegt.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Eigengesellschaft (GmbH) der Stadt X, die u.a. die Stromversorgung der Stadt und einen Freizeitpark betreibt.

A.

Im Jahr 1990 gehörten die örtlichen Anlagen der Stromversorgung und Fernwärme der Stadt X einem Regionalversorgungsunternehmen (RVU), das zum 1. Juli 1990 gemäß § 11 des Treuhandgesetzes (TreuhG) kraft Gesetzes in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wurde. Hierbei handelt es sich um die Y AG (Y), die aus dem früheren Energiekombinat Z, zu dessen Gunsten u.a. die Stadt X in Bezug auf die Stromversorgung enteignet worden war, hervorgegangen ist. Inhaberin aller Anteile der Y war gemäß § 1 Abs. 4 TreuhG zunächst die Treuhandanstalt (später: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben – BvS –). Gemäß § 4 Abs. 2 Kommunalvermögensgesetzes (KVG) vom 6. Juli 1990 (GBl. I S. 660), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 786), standen der Stadt X die ihren (ehemaligen) Betrieben und Einrichtungen entsprechenden Anteile an der Y zu.

Im Rahmen mehrerer Kommunalverfassungsbeschwerden ostdeutscher Kommunen, darunter auch der Stadt X, wurde der Treuhandanstalt u.a. eine „Vereinbarung zur Beilegung des Streits vor dem Bundesverfassungsgericht über die Struktur der Stromversorgung in den neuen Bundesländern” vom 22. Dezember 1992 getroffen (sog. Stromvergleich). Danach erklärten sich Treuhandanstalt und Energieversorgungsunternehmen bereit, den beschwerdeführenden Kommunen, sofern sie eine Genehmigung zur Aufnahme der Stromversorgung nach § 5 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) erhalten, „auf Verlangen alle örtlichen Versorgungsanlagen (Strom und Fernwärme) gegen Erstattung des Sachzeitwerts auf den Stichtag 31. Dezember 1990” zu übertragen (Tz. 1.1 des Stromvergleichs). Der Sachzeitwert sollte dabei dadurch abgegolten werden, dass die jeweilige Gemeinde für alle übertragenen Grundstücke, Gegenstände und Rechte auf ihren Anspruch nach § 4 Abs. 2 KVG auf Kapitalbeteiligung an den RVU verzichtet (Tz. 2 des Stromvergleichs). Nach Veräußerung der Kapitalanteile, auf die die Kommunen verzichten, sollte das übertragende Versorgungsunternehmen von der Treuhand den daraus erzielten Erlös erhalten (Tz. 3 des Stromvergleichs). Durch den Vollzug der Übertragung waren alle Ansprüche der jeweiligen Beschwerdeführerin mit Bezug auf das örtliche Strom- und Fernwärmevermögen abgegolten.

In Erfüllung des gesetzlichen Beteilungsanspruchs nach § 4 Abs. 2 KVG übertrug die BvS zunächst mit Vertrag vom 21. Juni 1995 / 20. Mai ...

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