rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage. Abhängigkeit der Untätigkeitsfrist von der Erfüllung der Mitwirkungspflichten

 

Leitsatz (redaktionell)

Der in § 46 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz FGO definierte Zeitraum von 6 Monaten gilt nur als Regelzeitraum, der den besonderen Umständen des einzelnen Falles anzupassen ist. Angemessen ist eine Frist, innerhalb derer eine Entscheidung nach den Umständen des konkreten Falles erwartet werden darf. Innerhalb dieser für den einzelnen Fall vorzunehmenden Abwägung sind u.a. die Schwierigkeit des Streitfalles, der Umfang der von den Behörden vorzunehmenden Ermittlungen, die Intensität der den Steuerpflichtigen treffenden Mitwirkungspflichten und auch das Interesse des Steuerpflichtigen an einer raschen Entscheidung bzw. dessen Begründung für die besondere Dringlichkeit des Falles zu würdigen (hier: Bestreiten einer Mitwirkungspflicht und Verweis des FA auf Dritte zur Aufklärung des Sachverhalts trotz dem Steuerpflichtigen obliegender Feststellungslast).

 

Normenkette

FGO § 46 Abs. 1 S. 2, § 44 Abs. 1; AO § 90 Abs. 1, § 367

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.12.2008; Aktenzeichen VII B 24/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage bezüglich der Inhaftungnahme des Klägers für Lohnsteuerrückstände einer GmbH.

Der Beklagte hatte den Kläger nach vorheriger Anhörung – auf die der Kläger trotz Erinnerung nicht Stellung nahm – mit Bescheiden vom 20. Juni 2005 für Steuerrückstände einer GmbH in Haftung genommen. Nachdem der durch ein Steuerberatungsbüro vertretene Kläger den Zugang der mit einfachem Brief versandten Haftungsbescheide bestritten – und gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung beantragt – hatte (Blatt 87 der Haftungsakte), übermittelte der Beklagte dem Steuerberatungsbüro die Haftungsbescheide am 23. August 2005 per Fax (Blatt 92 der Haftungsakte).

Nach Überprüfung der Zustelladressen stellte der Beklagte am 13. Februar 2007 die Haftungsbescheide erneut zu (Haftungsbescheide Blatt 157 und 178; Zustellungsurkunde Blatt 229 der Haftungsakte). Der Kläger legte mit Schreiben vom 26. Februar 2007 Einspruch gegen beide Haftungsbescheide ein. Der Beklagte entsprach hinsichtlich des Haftungsbescheides Umsatzsteuer dem mit dem Einspruch gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Zur Einspruchbegründung nahm er mit Schreiben vom 30. Mai 2007 ausführlich. Mit Schreiben vom 19. Juli 2007 teilte der Kläger schließlich mit, er sei lediglich formeller Geschäftsführer gewesen, tatsächlich habe sein Sohn die Geschäfte geführt. Im übrigen könne er mangels Unterlagen keine Auskunft geben.

Ausweislich der vorliegenden Akten hat der Beklagte nicht nur den Prozeßbevollmächtigten des Klägers mehrfach angeschrieben, sondern auch beim Amtsgericht C die Adresse des neuen Insolvenzverwalters erfragt und diesen angeschrieben sowie über den Verbleib der Buchführungsunterlagen Nachforschungen angestellt und diese dann durch die Betriebsnahe Veranlagung durchsehen lassen. Aufgrund des Ergebnisses dieser Sachverhaltsaufklärung hob der Beklagte am 20. November 2007 den Haftungsbescheid Umsatzsteuer auf (Blatt 68 der Rechtsbehelfsakte Haftungsbescheid Umsatzsteuer). Die Inhaftungnahme des Klägers für Lohnsteuerrückstände der GmbH blieb unverändert.

Der Kläger hat am 20. September 2007 Untätigkeitsklage erhoben. Er sei nur formell Geschäftsführer der GmbH gewesen, tatsächlich habe aber sein Sohn die Geschäfte geführt. Er habe sämtliche Unterlagen, die ihm dieser vorgelegt habe, unbesehen und im Vertrauen auf dessen Sachkompetenz unterschrieben. Die Untätigkeitsklage sei zulässig, da seit Einlegung des Einspruches mehr als sechs Monate vergangen seien. Dem Kläger sei es nicht zuzumuten, länger abzuwarten. Der Umstand, daß nach Einlegung des Einspruches umfangreiche Korrespondenz stattgefunden habe, ändere an der Zulässigkeit der Untätigkeitsklage nichts, da diese Korrespondenz dem Beklagten nur dazu gedient habe, den rechtswidrig erlassenen Verwaltungsakten doch noch nachträglich zur Rechtmäßigkeit zu verhelfen. Die Prozeßbevollmächtigte hat Akteneinsicht in die Umsatzsteuer- und Lohnsteuerakten beantragt.

Zum weiteren Vorbringen des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 20. September 2007 und 28. Dezember 2007 verwiesen.

Der Kläger beantragt, den Haftungsbescheid vom 13. Februar 2007 (Az. 228/114/00762 H01E) wegen nicht gezahlter Lohnsteuer durch die sich in Insolvenz befindliche Steuerschuldnerin M GmbH Transport und Logistik in Höhe von 14.657,10 Euro aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Aufgrund der Verschiedenheit der materiell-rechtlichen Grundlagen für eine Entscheidung über die beiden als selbständigen Verwaltungsakte erlassenen Haftungsbescheide (Haftungsbescheid Umsatzsteuer und steuerliche Nebenleistungen einerseits und Haftungsbescheid Lohnsteuer und Lohnnebensteuer andererseits) werde die Trennung der Verfahren beantragt.

Die Untät...

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