Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldrechtliche Berufsausbildung bei Teilnahme an Sprach- und sonstigen Einzelkursen mit einer wöchentlichen Unterrichts- bzw. Kurszeit von jeweils weniger als zehn Stunden während eines einjährigen Au-pair-Aufenthalts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird ein Sprachaufenthalt im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses im Ausland nicht durch eine Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben oder empfohlen, so ist Voraussetzung für eine Anerkennung als Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, dass der Aufenthalt von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet wird, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigt und deswegen grundsätzlich ohne Vor- und Nachbereitungszeit zehn Unterrichtsstunden pro Woche nicht unterschreiten darf.

2. Die Teilnahme an einem Sprachkurs mit weniger als zehn Unterrichtsstunden pro Woche kann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Kurs der üblichen Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluss dient und das Kind den Prüfungsabschluss anstrebt (hier: Vorbereitung und erfolgreiche Ablegung eines TOEFL-Tests als Voraussetzung für die Erlangung des gewünschten Studienplatzes).

3. Ohne weiteres ist vom Vorliegen einer Berufsausbildung auszugehen, wenn der Auslandssprachaufenthalt mit anerkannten Formen der Berufsausbildung verbunden wird, z. B. dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule, eines Colleges oder einer ausländischen Universität, und im Rahmen des Auslandsaufenthaltes das übliche Bildungsprogramm der Schule bzw. des Colleges absolviert wird. Der Besuch von einzelnen Kursen an einem College, die zudem zehn Wochenstunden nicht erreichen, kann hiermit nicht verglichen werden (hier: im Rahmen eines Au-pair-Aufenthalts in den USA an einem College belegte Kurse mit jeweils nur wenigen wöchentlichen Unterrichtstunden, z. B. „Principles of Marketing”, „Social Problems”).

4. Ein Psychologiekurs im Ausland ist grundsätzlich nicht darauf gerichtet, die landessprachlichen Kenntnisse der Teilnehmer systematisch und theoretisch fundiert zu vertiefen, und genügt für sich gesehen nicht, um von einer Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG auszugehen.

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 63 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.07.2012; Aktenzeichen V R 58/10)

BFH (Urteil vom 05.07.2012; Aktenzeichen V R 58/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 5/6 und die Beklagte 1/6.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe vor der Vollstreckung leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung eines Kindes während eines Au-pair-Aufenthaltes.

Der Kläger ist der Vater des am 5. September 1988 geborenen Kindes F. Das Kind absolvierte in der Zeit vom 6. August 2007 bis Ende August 2008 einen Aufenthalt als Au-pair in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo sie ein wöchentliches Taschengeld von $ 157,95 sowie freie Kost und Unterkunft erhielt. Sie hatte eine maximale Arbeitszeit von 45 Stunden (vgl. Bestätigung des … Au Pair, Bl. 17 d. A.). Sie besuchte vom 5. September bis 6. November 2007 einen Vorbereitungskurs für den TOEFL-Test, den sie am 26. April 2008 erfolgreich ablegte (Bl. 74 d. A.). Der Kurs fand wöchentlich für drei Stunden statt, des Weiteren waren 45 Minuten Nacharbeit angesetzt (Bestätigung Bl. 15 d. A.). Ferner belegte sie am College im Zeitraum vom 29. August 2007 bis zum 21. Dezember 2007 den Kurs „Basic Concepts of Psychologie” zu vier Wochenstunden (Bl. 16 d. A.). Im Zeitraum vom 16. Januar 2008 bis 6. Mai 2008 belegte sie den Kurs „Principles of Marketing” am College, der insgesamt 45 Stunden umfasste (Bl. 86 d. A.). Vom 14. Januar 2008 bis zum 28. April 2008 nahm sie am Kurs „Social Problems” am … College teil, der 60 Stunden im Semester umfasste (Bl. 87 d. A.). Sie strebte Studiengänge an verschiedenen Hochschulen an, so an der Universität

(International Business Studies) oder der Fachhochschule (International Business, vgl. dazu Bl. 62 ff. d. A.). Ab Oktober 2008 ist sie an der Universität … im Fach Business Economics immatrikuliert (Bl. 88 d. A). Dieser Studiengang wird in den ersten vier Semestern auf Englisch angeboten, Zugangsvoraussetzung sind u. a. sehr gute Englisch-Kenntnisse, die durch das Bestehen eines TOEFL-Tests oder durch eine gleichwertige Prüfung belegt werden müssen. Des Weiteren wird durch die Universität den Studierenden empfohlen, ein oder zwei Semester an einer ausländischen Hochschule zu studieren. Gegenstand des Studiums ist u. a. in den ersten vier Semestern eine Fremdsprache, die als Vertiefung in Englisch bzw. Fachübersetzer angeboten wird (vgl. Studienbeschreibung Bl. 67 – 70).

Der Kläger beantragte für das Kind ab September 2007 bei der Beklagten Kinderg...

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