Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindungswirkung einer Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG nur für die Feststellung auf den Schluss des nachfolgenden Veranlagungszeitraums. Nachholung fehlender Feststellungsbescheide und erstmalige Ermittlung eines steuerlichen Einlagenkontos bei einem BgA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG auf den 31. Dezember eines Veranlagungszeitraums ist nicht Grundlagenbescheid für irgendeinen zeitlich nachfolgenden Feststellungsbescheid, damit auch nicht für einen Feststellungsbescheid, der mehrere Jahre später zu erlassen ist, sondern nur für den sich im unmittelbar folgenden Veranlagungszeitraum anschließenden Feststellungsbescheid. Eine lückenhafte Feststellung mit Bindungswirkung ist nicht möglich.

2. § 181 Abs. 5 AO gestattet keine Nachholung fehlender Feststellungsbescheide für einen Betrieb gewerblicher Art (BgA), wenn in den fraglichen Veranlagungszeiträumen die Voraussetzungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG nicht vorlagen und damit gem. § 27 Abs. 1, 2, 7 KStG das steuerliche Einlagenkonto nicht gesondert festzustellen ist.

3. Ein BgA, der erstmals ein steuerliches Einlagenkonto zu ermitteln hat und der bereits vor dem Systemwechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren bestand, hat den Bestand des steuerlichen Einlagenkontos zum 1.1.2001 – dem Zeitpunkt des Systemwechsels – zu ermitteln und anschließend die weitere Entwicklung nach den üblichen Grundsätzen fortzuschreiben.

 

Normenkette

KStG § 27 Abs. 1-2, 7, § 28 Abs. 3 S. 1; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b; AO § 181 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.09.2020; Aktenzeichen I R 12/17)

 

Tenor

1. Der Bescheid zum … über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 3 Satz 1 KStG vom …, geändert am …, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird dahingehend abgeändert, dass ein steuerliches Einlagenkonto in Höhe von EUR … festgestellt wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des steuerlichen Einlagenkontos zum 31. Dezember 2011.

Die Klägerin ist eine Gemeinde, die einen Betrieb gewerblicher Art „Trinkwasserversorgung” (künftig: BgA) in Form eines Regiebetriebes ohne eigene Rechtspersönlichkeit betrieb. Der BgA ermittelte seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Bis 2011 erzielte er jährlich weniger als EUR 350.000 Umsatz sowie weniger als EUR 30.000 Gewinn. In der Gewinnermittlung für 2011 wies er einen Gewinn in Höhe von EUR … aus. Der Buchwert des Anlagevermögens laut AfA-Verzeichnis betrug zum 31. Dezember 2000 DM … und zum 31. Dezember 2010 EUR …. Der Darlehensbestand zur Finanzierung des Anlagevermögens belief sich zum 31. Dezember 2000 auf DM …. und zum 31. Dezember 2010 auf EUR …. Mit notariellem Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom …. übertrug die Klägerin diesen Betrieb gegen Gewährung von Gesellschafterrechten zum 1. Januar 2012 auf eine GmbH.

Mit bestandskräftigen Bescheiden zum 31. Dezember 2002 bis zum 31. Dezember 2006 über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos gemäß § 27 Abs. 2 KStG (2003) bzw. gemäß § 27 Abs. 2 KStG und des durch Umwandlung von Rücklagen entstandenen Nennkapitals gemäß § 28 Abs. 2 KStG (2004 bis 2006) stellte das vormals zuständige Finanzamt …. und ab Veranlagungszeitraum 2004 der Beklagte das steuerliche Einlagenkonto mit jeweils EUR 0 fest. Für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume wurden keine entsprechenden Feststellungsbescheide erlassen. Erklärungen zur Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos zum 31. Dezember 2009 und zum 31. Dezember 2010, in denen ein steuerliches Einlagenkonto in Höhe von EUR 0 ausgewiesen wurde, nahm die Klägerin zurück. Der BgA erzielte 2001 bis 2010 folgende Gewinne bzw. Verluste:

2001:

- EUR …

2002:

- EUR …

2003:

- EUR …

2004:

- EUR …

2005:

- EUR …

2006:

- EUR …

2007:

- EUR …

2008:

- EUR …

2009:

- EUR …

2010:

EUR …

In der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos zum 31. Dezember 2011 vom 11. April 2013 wies der BgA ein steuerliches Einlagenkonto in Höhe von EUR … aus. Mit Bescheid zum 31. Dezember 2011 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und 28 Abs. 1 Satz 3 EStG vom …, geändert am …, stellte der Beklagte das steuerliche Einlagenkonto mit einem Betrag in Höhe von EUR … und das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital mit EUR 0 fest. Er ging bei der Berechnung von einer Bindungswirkung der zuvor erlassenen Feststellungsbescheide bis 2006 ...

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