Leitsatz

1. Von Todes wegen errichtete Stiftungen des privaten Rechts sind im Fall ihrer Genehmigung aufgrund der in § 84 BGB angeordneten Rückwirkung bereits ab dem Zeitpunkt des Vermögensanfalls nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG subjektiv körperschaftsteuerpflichtig. Die in § 84 BGB angeordnete Rückwirkung wirkt sich allerdings auf § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nicht aus.

2. Erfüllt eine Körperschaft die Voraussetzungen des § 62 AO und ist daher die gemeinnützigkeitskonforme Verwendung ihres Restvermögens sichergestellt, so ist es unschädlich, wenn in der Satzung eine Regelung zur Vermögensbindung enthalten ist, die die Vorgaben des § 61 AO nicht vollständig erfüllt.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG , § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO , § 60 Abs. 2 AO , § 61 Abs. 1 AO , § 62 AO , § 84 BGB

 

Sachverhalt

Die am 18.2.1995 verstorbene H errichtete durch Testament die unter dem Namen H-Stiftung auftretende Klägerin mit Sitz in Hessen. Die dem Testament angefügte Stiftungsverfassung erfüllte die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO nicht, weil eine Bestimmung über die Vermögensverwendung bei Wegfall des gemeinnützigen Stiftungszwecks fehlte. Das Testament enthielt jedoch eine Regelung, wonach der Testamentsvollstrecker das Testament erfüllen und bei rechtlichen und insbesondere steuerlichen Bedenken die Stiftungsverfassung, soweit erforderlich, ändern sollte, um die notwendige Genehmigung für die zu errichtende Stiftung zu erlangen.

Die Klägerin beantragte am 6.2.1996 beim FA ihre Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft. Das FA forderte sie daraufhin auf, in die Stiftungsverfassung noch eine Regelung über den Vermögensanfall bei Wegfall des gemeinnützigen Stiftungszwecks aufzunehmen. Dem folgte die Klägerin durch Vorlage einer geänderten Stiftungsverfassung. Die Genehmigung der Stiftung erfolgte durch Ausfertigung der Stiftungsurkunde am 11.7.1996. Bis zur Genehmigung übte die Klägerin im Hinblick auf die Zweckverwirklichung keinerlei Tätigkeiten aus. Erträgnisse aus dem Vermögen wurden vom Testamentsvollstrecker zinsgünstig angelegt und nach der Genehmigung an die Klägerin ausgezahlt.

Das FA rechnete der Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu.

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg (EFG 2003, 569).

 

Entscheidung

Der BFH teilte die Rechtsauffassung des FG. Im Einzelnen genügt der Hinweis auf die Praxis-Hinweise.

 

Hinweis

Drei Aspekte verdienen an diesem Urteil Beachtung:

1. Stiftungen des privaten Rechts, denen gem. § 80 Satz 1 BGB die für ihre Entstehung erforderliche staatliche Genehmigung erteilt worden sind, sind gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG als sonstige juristische Personen subjektiv körperschaftsteuerpflichtig. Der Beginn der Steuerpflicht ist nicht, wie teilweise angenommen wird, das Tätigwerden der Stiftungsorgane nach der Erteilung der Genehmigung, auch nicht das vollzogene Stiftungsgeschäft. Es ist dies bei Stiftungen von Todes wegen vielmehr der gem. § 84 BGB zivilrechtlich rückbezogene Zeitpunkt des Vermögensanfalls.

2. Diese fiktive Rückbeziehung betrifft jedoch nur die Steuerpflicht, nicht etwa auch die Tatbestandsvoraussetzungen der Gemeinnützigkeit und damit der für gemeinnützige Stiftungen bestehenden Steuerbefreiung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG.

3. Eine Stiftung kann auch dann gemeinnützig sein, wenn sie nicht alle formellen Satzungserfordernisse der § 60 Abs. 2, § 61 Abs. 1 AO erfüllt, also insbesondere nicht die Vermögensbindung für den Fall der Auflösung oder des Zweckwegfalls satzungsmäßig festlegt. Ist anderweitig sichergestellt – vor allem durch aufsichtsbehördliche Umstände –, dass das Restvermögen in gemeinnützigkeitsunschädlicher Weise verwendet wird, so kann dies genügen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.09.2003, I R 85/02

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