Argumente des BFH: Hierfür müsste der BFH seine Rechtsprechung zur Korrektur von Steuerschulden i.S.d. § 14c Abs. 1 UStG ändern, was u.E. sinnvoll und nicht sehr einschneidend wäre. So ist die Begründung des BFH dafür, dass er die Rückwirkung nicht zulassen will, ohnehin weniger argumentativ als axiomatisch. Wie gesagt,[58] fügt er der Aussage, die Rechnungsberichtigung wirke lediglich "ex nunc", den eher wenig überzeugenden Zusatz hinzu, "jede andere Auslegung wäre mit dem Normzweck des § 14c UStG und des Art. 203 MwStSystRL, einer Gefährdung des Steueraufkommens durch einen unzutreffenden Steuerausweis in Rechnungen entgegenzuwirken [...], nicht zu vereinbaren" – ohne jedoch den Normzweck zu nennen, so dass auch nicht klar wird, warum jede andere Auslegung hiergegen verstieße.[59]

Unklare Hinweise auf EuGH: Zwar fügt der BFH außerdem hinzu, das Unionsrecht stehe einer solchen nationalen Regelung grundsätzlich nicht entgegen. Um dies zu belegen verweist er auf die Aussagen des EuGH in den Urteilen Stadeco und Rusedespred.[60] Tatsächlich aber sagt der EuGH in diesen Urteilen zur Rückwirkung nichts. Er stellt lediglich fest, dass es unionsrechtskonform ist, wenn das nationale Recht die Korrektur einer Rechnung zur Voraussetzung einer Berichtigung der Steuerschuld i.S.d. Art. 203 MwStSystRL macht. Das dürfte aber wohl eher eine Selbstverständlichkeit darstellen. Zur Rückwirkung lässt sich hieraus nichts entnehmen.

Vgl. Rspr.-Änderung 2016: Verbliebe noch der Hinweis darauf, dass auch die rückwirkende Korrektur von Rechnungen für "normale" Leistungen (also die Fälle, in denen Mehrwertsteuer aufgrund des Umsatzes, nicht wegen des Rechnungsausweises geschuldet wird), bis zur Senatex-Entscheidung des EuGH vielfach für ausgeschlossen gehalten wurde.[61] Seit der klärenden Senatex-Entscheidung des EuGH ist es hingegen dem Grunde nach unbestritten, dass solche Rechnungen mit Rückwirkung berichtigt werden können.[62]

[58] S. oben III.2.
[59] S. auch Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, 193. Lfg. 04.2021, § 14c UStG Rz. 227.
[60] BFH v. 12.10.2016 – XI R 43/14, UR 2017, 237 Rz. 37, mit Verweis auf EuGH v. 18.6.2009 – C-566/07 – Stadeco, UR 2009, 647 Rz. 39, 41 f., 47, 51; EuGH v. 11.4.2013 – C-138/12 – Rusedespred, UR 2013, 432 Rz. 28 und 31.
[61] Einen Überblick über den damaligen Stand gibt FG Nds. v. 3.7.2014 – 5 K 40/14, UR 2015, 61, Ziff. III.1. und 2.
[62] Vgl. Fn. 42.

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