Rz. 285

Sachsen hat zunächst mit dem Sächsischen Gesetz über die Festsetzung der Steuermesszahlen bei der Grundsteuer (Sächsisches GrundsteuermesszahlengesetzSächsGrStMG) v. 3.2.2021[1]

punktuell von der Abweichungsbefugnis nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG Gebrauch gemacht.

Durch das SächsGrStMG v. 3.2.2021 wurden für im Freistaat Sachsen belegene Grundstücke des Grundvermögens von § 15 Abs. 1 GrStG abweichende Steuermesszahlen bestimmt. Das SächsGrStGMG verdrängt somit § 15 Abs. 1 GrStG.

Nach dem durch Art. 3 des Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetzes v. 16.7.2021[2] die in § 15 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Grundsteuergesetzes geregelte Grundsteuermesszahl für Wohngrundstücke geändert wurde, hat Sachsen die mit dem SächsGrStMG v. 3.2.2021 festgelegten Steuermesszahlen durch das SächsGrStMG v. 21.12.2021[3] noch einmal bestätigt.

Der sächsische Landtag sah sich zur Bestätigung des bisherigen Rechtszustandes veranlasst, da gem. Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vorgeht. Um den vom sächsischen Gesetzgeber bereits verabschiedeten Grundsteuermesszahlen Geltung zu verschaffen, bedurfte es somit der erneuten Verabschiedung des Sächsischen Grundsteuermesszahlengesetzes. Als das spätere Gesetz i. S. d. Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG geht es nun insoweit wiederum dem Grundsteuergesetz des Bundes vor und überschreibt dessen Steuermesszahlen in § 15 Abs. 1 GrStG.[4]

Nach dem SächsGrStMG v. 21.12.2021[5] sind – abweichend von § 15 Abs. 1 GrStG – folgende Steuermesszahlen für im Freistaat Sachsen belegene Grundstücke des Grundvermögens anzuwenden:

Mit den landesrechtlich abweichenden Steuermesszahlen soll den regionalen Besonderheiten in Sachsen Rechnung getragen werden. Insbesondere soll hiermit die bei Anwendung der Steuermesszahlen nach § 15 Abs. 1 GrStG erwartete starke Belastung der Wohnnutzung deutlich abgemildert werden. Bei der Differenzierung der Steuermesszahlen zwischen Wohn- und Nicht-Wohngrundstücken wurde insbesondere berücksichtigt, dass menschenwürdiges Wohnen ein allgemeines Gut ist, das international verankert ist.[6]

Die Legitimität dieses Zwecks folgt sowohl aus Art. 1 und 20 GG als auch aus Art. 7 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen.

Die Steuermesszahl für die sog. Wohngrundstücke i. S. d. § 249 Abs. 1 Nr. 1-4 BewG (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum) von 0.36 Promille beträgt nur die Hälfte der Steuermesszahl von 0,72 Promille für die sog. Nicht-Wohngrundstücke (Geschäftsgrundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke) und gemischt genutzten Grundstücke.

Die Entscheidung des Landesgesetzgebers, dass bei unbebauten Grundstücken dieselbe Steuermesszahl wie bei Wohngrundstücken zur Anwendung kommt, wird zum einen damit begründet, dass unbebaute Grundstücke – insbesondere im Vergleich zu geschäftlich genutzten Grundstücken – Infrastrukturleistungen einer Gemeinde in einem deutlich geringeren Maß in Anspruch nehmen bzw. erforderlich machen. Zum anderen wurde gewürdigt, dass das Vorhandensein unbebauter Grundstücke, z. B. durch die Nutzung als Grün- bzw. Freiflächen oder für Gemeinschaftsgärten, einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Lebens- und Luftqualität sowohl im innerstädtischen als auch im ländlichen Bereich leistet. Sie würden insoweit dazu beitragen, negativen Folgewirkungen, die durch Flächenversiegelung entstehen können, entgegenzuwirken bzw. diese abzumildern.[7]

Analog zu § 15 Abs. 1 GrStG verweist das SächsGrStMG zur Begriffsbestimmung der unbebauten Grundstücke auf § 246 BewG und hinsichtlich der Definition der Grundstücksarten der bebauten Grundstücken auf § 249 Abs. 1 Nr. 1-4 BewG (sog. Wohngrundstücke) und auf § 249 Abs. 1 Nr. 5-8 BewG (gemischt genutzte Grundstücke und die sog. Nichtwohngrundstücke: Geschäftsgrundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke).

 

Rz. 286

Die Regelungen zu den Ermäßigungen der Steuermesszahlen nach § 15 Abs. 2-5 GrStG finden auch in Sachsen Anwendung. Wenngleich das SächsGrStMG – im Gegensatz zu § 1 Abs. 2 GrStG-Saar (Rz. 283) – keine ausdrückliche Regelung zu deren Anwendung enthält, sind für die bundesgesetzlichen Tatbestände für die Ermäßigung der Steuermesszahlen nach § 15 Abs. 2-5 GrStG in Sachsen die landesspezifischen Steuermesszahlen nach dem SächsGtStMG die Bezugsgröße.

Mit Ausnahme der punktuellen landesrechtlichen Abweichung von § 15 Abs. 1 GrStG bleibt im Übrigen das bundesgesetzlich geregelte Grundsteuer- und Bewertungsrecht in Sachsen uneingeschränkt anwendbar. Insbesondere die bewertungsrechtlichen Vorschriften im BewG zur Ermittlung und Feststellung der Grundsteuerwerte bleiben unberührt.

 

Rz. 287

Einstweilen frei

[1] Sächsisches Grundsteuermesszahlengesetz (SächsGrStMG) v. 3.2.2021, SächsGVBl. 2021, 242, erlassen als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Grundsteuerreform.
[2] Gesetz zur erleichterten Umsetzung der Reform der Grundsteuer und Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz – GrStRef...

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