Rz. 75

Bayern weicht insbesondere bei der Besteuerung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B) durch die Einführung eines sog. – reinen – "Flächenmodells" und der damit verbundenen Folgeänderungen und erforderlichen Ergänzungen partiell vom bundesgesetzlich geregelten Grundsteuer- und Bewertungsrecht ab (Rz. 80 ff.).

 

Rz. 76

Des Weiteren sind die abweichenden landesrechtlichen Regelungen zur Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit hervorzuheben. Nach Bundesrecht können die vor dem 1.1.2022 für Zwecke der Einheitsbewertung unter Anwendung der §§ 26 BewG (Zusammenrechnung mehrerer Wirtschaftsgüter bei Ehegatten und Lebenspartnern) oder 34 Abs. 4-6 BewG (Einbeziehung bestimmter fremder Wirtschaftsgüter in den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft) gebildeten wirtschaftlichen Einheiten gem. § 266 Abs. 5 BewG für den ersten Hauptfeststellungszeitraum weiterhin der Feststellung der Grundsteuerwerte zugrunde gelegt werden.[1] Für die während des ersten Hauptfeststellungszeitraums der Grundsteuerwerte ab 1.1.2022 neu entstehenden wirtschaftlichen Einheiten gelten diese Übergangsregelungen im Bundesmodell nicht mehr.[2]

Im BayGrStG werden diese Regelungen aus Vereinfachungs- und Praktikabilitätsgründen ohne zeitliche Beschränkung aufrechterhalten. Abweichend vom Grundsatz der Eigentümeridentität nach § 2 Abs. 2 BewG können gem. Art. 1 Abs. 4 S. 1 und Art. 9 Abs. 2 S. 1 BayGrStG sowohl bei Grundstücken als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens als auch bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft als wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens Teile eines Grundstücks, die teilweise dem einen, teilweise dem anderen Ehegatten oder Lebenspartner gehören, weiterhin – ohne zeitliche Beschränkungen – zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden. Entsprechendes gilt bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft als wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens für fremde Gebäude und Betriebsmittel i. S. d. Art. 9 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 und 2 BayGrStG, Anteile des Eigentümers des Betriebes der Land- und Forstwirtschaft an einem Wirtschaftsgut, das zusammen mit dem Betrieb genutzt wird (Art. 9 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 BayGrStG), und Wirtschaftsgüter von Beteiligten, die einem von einer Gesellschaft oder GbR betriebenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen bestimmt sind (Art. 9 Abs. 2 S. 2 BayGrStG).

Abweichend von §§ 244 Abs. 3 Nr. 2, 262 BewG bilden bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden gem. Art. 1 Abs. 4 S. 2 BayGrStG das Gebäude auf fremdem Grund und Boden sowie der Grund und Boden mit fremdem Gebäude gesonderte wirtschaftliche Einheiten. Die Gebäude auf fremdem Grund und Boden sind der wirtschaftlichen Eigentümerin oder dem wirtschaftlichen Eigentümer der Gebäude und der Grund und Boden mit fremdem Gebäude ist der Eigentümerin oder dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen.

Erstreckt sich der Steuergegenstand auch auf ein anderes Land oder das Ausland, ist nach Art. 1 Abs. 5 BayGrStG nur für das auf dem Gebiet des Freistaates Bayern gelegene Grundvermögen Grundsteuer nach dem BayGrStG zu ermitteln und erheben. Diese Teilfläche bildet eine eigenständige wirtschaftliche Einheit. Hiermit wird der räumliche Geltungsbereich des BayGrStG verdeutlicht.

Art. 9 Abs. 1 BayGrStG erweitert den Begriff der Hoffläche in § 234 Abs. 6 BewG um Hof- und Wirtschaftsgebäudeflächen einschließlich der Nebenflächen, von denen aus keine land- und forstwirtschaftliche Betriebsflächen mehr nachhaltig bewirtschaftet werden und die keine Zweckbestimmung erhalten haben, die zu einer zwingenden Zuordnung zum Grundvermögen führt. Da auch im Bundesrecht nicht genutzte, vormals land- und forstwirtschaftlich genutzte Wirtschaftsgüter bis zu einer anderen Zweckbestimmung dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen sind[3], handelt es sich hierbei allerdings um keine signifikante landesrechtliche Abweichung.

 

Rz. 77

Art. 8 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 2 BayGrStG enthält ergänzend zu den Erlasstatbeständen in §§ 32-34 GrStG i. V. m. § 35 GrStG und den Billigkeitsvorschriften nach §§ 163, 227 AO eine weiteren grundsteuerspezifischen Erlasstatbestand. Hiernach können die Gemeinden Ansprüche aus dem Grundsteuerschuldverhältnis im Rahmen einer Ermessensentscheidung erlassen, soweit nach dem durch das BayGrStG vorgeschriebenen Systemwechsel nach den Umständen des einzelnen Falles eine unangemessen hohe Steuerbelastung eintritt.[4] In Art. 8 Abs. 2 BayGrStG werden in nicht abschließender Aufzählung bestimmte Sachverhaltskonstellationen aufgeführt, in denen ein Erlass in Betracht kommen kann. Hierzu gehören

  • ein erhebliches Abweichen der Lage von den in der Gemeinde ortsüblichen Verhältnissen,
  • ein Überschreiten der – üblichen – Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes und
  • eine Übergröße eines nicht zu Wohnzwecken genutzten Gebäudes, sofern dieses eine einfache Ausstattung aufweist und entweder einen Hallenteil aufweist oder auf Dauer nicht genutzt wird.

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