Rz. 94

Der inländische Grundbesitz eines fremden Staates ist von der Grundsteuer befreit, soweit er diplomatischen oder konsularischen Zwecken dieses Staates, insbesondere für Botschaften oder Konsulate, benutzt wird. Grundsätzlich muss der Grundbesitz im Eigentum des Staates stehen, zu dessen diplomatischen oder konsularischen Zwecken er benutzt wird. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist jedoch auch Grundbesitz, den eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer diplomatischen Beziehungen einem fremden Staat zur Errichtung eines Botschaftsgebäudes zur Verfügung stellt, gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG von der Grundsteuer befreit.[1] Zur grundsteuerlichen Behandlung von Grundstücken fremder Staaten ist Abschn. 29 GrStR 1978 ergangen.

Grundbesitz ausländischer Staaten, der nach vorheriger Zustimmung des Auswärtigen Amts für diplomatische Zwecke genutzt wird, ist nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen – WÜD – vom 18.4.1961[2] und Grundbesitz, der unter der gleichen Voraussetzung konsularischen Zwecken dient, ist nach dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen – WÜK – vom 24.4.1963[3] von der Grundsteuer befreit. Beide Übereinkommen sind auch im Verhältnis zu den Staaten anzuwenden, die ihnen nicht beigetreten sind.[4]

Nach Artikel 23 Abs. 1 WÜD sind der Entsendestaat (fremde Staat) und der Missionschef hinsichtlich der in ihrem Eigentum stehenden "Räumlichkeiten der Mission" von der Grundsteuer befreit. Zu den "Räumlichkeiten der Mission" gehören die "für Zwecke der Mission verwendeten Gebäude oder Gebäudeteile mit dem hierzu gehörenden Gelände, einschließlich der Residenz des Missionschefs" (Artikel 1 Buchstabe i WÜD). Gebäude oder Gebäudeteile, die außerhalb der Mission oder der Residenz des Missionschefs den Wohnzwecken der Beamten oder Angestellten der Mission dienen, gehören hingegen nicht zu den Räumlichkeiten der Mission. Entsprechend dem Sinn und Zweck des Abkommens umfasst der Begriff "Räumlichkeiten" auch unbebaute Grundstücke, die für eine diplomatische Nutzung vorgesehen sind, z. B. als Parkfläche oder für eine Bebauung mit einem steuerbegünstigten Gebäude.

Vergleichbar sind nach Artikel 32 Abs. 1 WÜK die konsularischen Räumlichkeiten und die Residenz des eine konsularische Vertretung leitenden Berufskonsularbeamten, die im Eigentum des Entsendestaats oder einer für diesen handelnden Person stehen (z. B. im Eigentum des Konsuls oder eines Konsularbeamten) von der Grundsteuer befreit. Dies gilt auch für eine von einem Wahlkonsularbeamten geleitete konsularische Vertretung (Artikel 60 WÜK). Nach Artikel 1 Abs. 1 Buchst. j WÜK sind die "konsularischen Räumlichkeiten" die Gebäude oder Gebäudeteile und das dazu gehörige Gelände, die ausschließlich für die Zwecke der konsularischen Vertretung benutzt werden. Zur Auslegung des Begriffs "Räumlichkeiten" gelten die vorstehend dargestellten Grundsätze zu den "Räumlichkeiten der Mission".

Für die Grundsteuerbefreiung ist grundsätzlich nicht erforderlich, dass die Gegenseitigkeit festgestellt wird. Das Erfordernis der Gegenseitigkeit besteht nur, wenn es sich um Grundbesitz handelt, der für Wohnzwecke des Personals diplomatischer Missionen und berufskonsularischer Vertretungen benutzt wird (Rz. 95).

Im Hoheitsgebiet des Empfangsstaats (BRD) gelegener privater Grundbesitz ausländischer Diplomaten ist dagegen grundsteuerpflichtig, es sei denn, dass der ausländische Diplomat den Grundbesitz im Auftrag des Entsendestaats für Zwecke der Mission im Besitz hat (Artikel 34 Buchstabe b WÜD). Für Konsularbeamte gilt eine vergleichbare Regelung (Artikel 49 Abs. 1 Buchstabe b WÜK).

Völkerrechtliche Sonderregelungen, die über die Vorschriften des WÜD und des WÜK hinausgehende Befreiungen von Grundstücken fremder Staaten enthalten, bleiben hiervon unberührt.[5]

Wird ein Grundstück von einem ausländischen Staat für diplomatische oder konsularische Zwecke im Laufe eines Jahres erworben, so schuldet der Veräußerer die Grundsteuer noch bis zum Schluss des Kalenderjahres. Eine Haftung des Entsendestaats als Erwerber des Grundbesitzes i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 1 GrStG kommt jedoch nicht in Betracht; hierbei ist es gleichgültig, ob die Steuer auf den Zeitraum vor oder nach der Übereignung des Grundstücks entfällt.[6]

 

Rz. 95

Abweichend von der ursprünglichen Regelung in Abschn. 29 Abs. 1 Satz 2 GrStR 1978 kann auch Grundbesitz,der für Wohnzwecke des Personals diplomatischer Missionen und berufskonsularischer Vertretungen benutzt wird, von der Grundsteuer befreit werden. Hierfür ist erforderlich, dass der Grundbesitz dem Entsendestaat (fremder Staat) oder einer für ihn handelnden Person gehört und von diesem Staat insoweit Gegenseitigkeit gewährt wird. Dies setzt gem. der Verordnung v. 11.11.1981[7] eine besondere Übereinkunft zwischen der Regierung des Empfangsstaates (BRD), vertreten durch das Auswärtige Amt, das im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen handelt, und der Regierung des Entsendestaats (frem...

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