Rz. 16

Liegen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der haftungsbegründenden Vorschrift nach § 12 GrStG bzw. die materielle Duldungspflicht vor (Rz. 11-13), nimmt die Gemeinde als Steuergläubiger den bürgerlich-rechtlichen Eigentümer des Grundstücks, der die Vollstreckung dulden muss (Duldungspflichtiger), gem. § 77 Abs. 2 S. 1 AO i. V. m. § 191 Abs. 1 S. 1 AO durch Duldungsbescheid in Anspruch.

Nach der gesetzlichen Fiktion in § 77 Abs. 2 S. 2 AO kann die dingliche Haftung nur gegen den jeweiligen bürgerlich-rechtlichen Eigentümer des Grundstücks geltend gemacht werden, selbst wenn zwischenzeitlich ein anderer wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks geworden sein sollte (Rz. 11).

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheides muss der zugrundeliegende Steueranspruch festgesetzt, fällig und vollstreckbar sein (Rz. 13). Des Weiteren darf der zugrundeliegende Steueranspruch zu diesem Zeitpunkt noch nicht durch Zahlungsverjährung (§§ 228-232 AO), Tilgung oder Erlass erloschen sein.[1] Die fünfjährige Zahlungsverjährung kann gem. § 231 AO u. a. durch Stundung, Aussetzung der Vollziehung oder Vollstreckungsmaßnahmen unterbrochen werden. In diesen Fällen beginnt gem. § 231 Abs. 3 AO mit Ablauf des Kj., in dem die Unterbrechung endet, eine neue Verjährungsfrist.

Der Duldungsbescheid ist wie der Haftungsbescheid (§ 11 Rz. 16) ein Verwaltungsakt i. S. d. §§ 118 ff. AO. Die einschränkenden Regelungen in § 191 Abs. 2 bis 5 AO gelten für den Duldungsbescheid jedoch nicht. Der Duldungsbescheid unterliegt insbesondere – im Gegensatz zum Haftungsbescheid – keiner eigenständigen Festsetzungsfrist. Mit der dinglichen Haftung soll ein bereits festgesetzter Steueranspruch durchgesetzt werden.

Die Vollstreckbarkeit von Grundsteueransprüchen richtet sich nicht nach den Vorschriften der AO, sondern nach landesrechtlichen Regelungen (Rz. 13). Gleichwohl setzt eine endgültige Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen aber zumindest ein Leistungsgebot (Duldungsgebot) i. S. d. § 254 AO, d. h. die Zahlungsaufforderung und die Androhung der Zwangsvollstreckung, voraus. Dieses kann sich sowohl aus dem Duldungsbescheid selbst als auch aus einem gesonderten Bescheid ergeben. Des Weiteren dürfen keine Vollstreckungshindernisse – wie z. B. eine Aussetzung der Vollziehung – bestehen. Entsprechend der Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners nach § 219 AO ist auch die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen nur zulässig, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Ausreichend ist dabei, dass die Gemeinde zu der Annahme gelangt ist, dass eine Vollstreckung beim Erstschuldner ohne Erfolg sein wird (negative Prognose über die Erfolgsaussichten). Eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Erfolglosigkeit von Vollstreckungsversuchen muss insoweit nicht vorliegen.[2] Ebenso wenig bedarf es des Nachweises der Aussichtslosigkeit der Vollstreckung durch erfolglose Vollstreckungsversuche.[3] Die Gemeinde ist außerdem nicht verpflichtet, den Erwerber eines Grundstücks von Amts wegen über Grundsteuerrückstände des Voreigentümers oder über vergebliche Beitreibungsversuche gegen den Voreigentümer zu unterrichten.[4]

Hinsichtlich der Schriftform und den Ermessensabwägungen ergeben sich für Duldungs- und Haftungsbescheide vergleichbare Anforderungen (§ 11 Rz. 16). Insbesondere ist im Rahmen des Entschließungs- und Auswahlermessens begründet darzulegen, weshalb anstelle der Zwangsvollstreckung in dieses Grundstück keine anderen Beitreibungsmöglichkeiten, einschließlich anderer Haftungstatbestände, in Betracht kommen.

 

Rz. 17

Hinsichtlich des Rechtsschutzes gegen Duldungsbescheide wird inhaltlich auf die Ausführungen zum Rechtsschutz gegen Haftungsbescheide verwiesen (§ 11 Rz. 18).

Gegen den seiner Inanspruchnahme zugrundeliegenden und bestandskräftig gewordenen Steuer- oder Haftungsbescheid kann der Duldungspflichtige keine Einwendungen erheben. Der Duldungsbescheid ist im Gegensatz zum Haftungsbescheid nicht Grundlage der Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis. Der Duldungsbescheid setzt bereits einen festgesetzten Steueranspruch (Erstschuld oder Primäranspruch) voraus.[5] Gegen noch nicht bestandskräftige Erstbescheide kann der Duldungspflichtige aber Einwendungen erheben.

 

Rz. 18

einstweilen frei

[2] VG Gelsenkirchen v. 25.8.2016, 5 K 5407/15.
[4] BVerwG v. 13.2.1987, 8 C 25/85, BStBl II 1987, 475.

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