Rz. 9

Unbebaute Grundstücke sind nach § 246 Abs. 1 S. 1 BewG Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden. Diese Begriffsbestimmung korrespondiert mit dem Begriff der bebauten Grundstücke in § 248 BewG, der im Gegensatz zu § 246 BewG gerade das Vorliegen von benutzbaren Gebäuden voraussetzt. Die §§ 246, 248 BewG fungieren insoweit gleichzeitig als Abgrenzungsvorschrift zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken.

Ausgehend von den Begriffsbestimmungen in den §§ 246, 248 BewG ist für das Vorliegen eines unbebauten oder bebauten Grundstücks entscheidungserheblich, ob sich auf dem Grundstück benutzbare Gebäude befinden. Für die Annahme eines benutzbaren Gebäudes ist zunächst Voraussetzung, dass das Bauwerk alle Merkmale eines Gebäudes und damit den Gebäudebegriff erfüllt (§ 243 BewG Rz. 25ff.). Befinden sich auf einem Grundstück nur Bauwerke, die den Gebäudebegriff nicht erfüllen, oder nur Außenanlagen (§ 243 BewG Rz. 35) oder Betriebsvorrichtungen (§ 243 BewG Rz. 46ff.), liegt ein unbebautes Grundstück vor. Liegt ein Gebäude vor, so ist dessen Benutzbarkeit als weitere Voraussetzungen für ein benutzbares Gebäude zu beurteilen.

 

Rz. 10

Die Benutzbarkeit des Gebäudes beginnt gem. § 246 Abs. 1 S. 2 BewG im Zeitpunkt seiner Bezugsfertigkeit. Von der Bezugsfertigkeit eines Gebäudes ist wiederum gem. § 246 Abs. 1 S. 3 BewG auszugehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder den sonstigen vorgesehenen Benutzern zugemutet werden kann, das Gebäude bestimmungsgemäß zu nutzen. Auf die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde kommt es nicht an (§ 246 Abs. 1 S. 4 BewG). Mit dieser Umschreibung der Bezugsfertigkeit hat der Gesetzgeber die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgegriffen.[1] Die Abgrenzung zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken bestimmt sich insoweit nach der Zumutbarkeit der bestimmungsgemäßen Gebäudenutzung zum Feststellungszeitpunkt.[2] Ob jemanden zugemutet werden kann, die Räumlichkeiten eines Gebäudes bestimmungsgemäß zu nutzen, ist nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu entscheiden.[3]

 

Rz. 11

Im Allgemeinen ist ein Gebäude als bezugsfertig anzusehen, wenn im Feststellungszeitpunkt die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind.[4]

Bei einem Wohngebäude oder einer Wohnung gehört insbesondere dazu, dass

  • die Türen und Fenster eingebaut,
  • die Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung vorhanden sind,
  • die Heizung installiert ist,
  • die sanitären Einrichtungen vorhanden sind und
  • die Möglichkeit zur Einrichtung einer Küche besteht.[5]

Geringfügige Restarbeiten, die üblicherweise vor dem tatsächlichen Bezug durchgeführt werden, wie z. B. Malerarbeiten, das Verlegen von Bodenbelag auf einem bereits vorhandenen Untergrund (z. B. Estrich) oder der Einbau von Herd und Spüle, schließen die Bezugsfertigkeit hingegen nicht aus.[6] Bei der Beurteilung der Bezugsfertigkeit ist grundsätzlich auf das ganze Gebäude und nicht auf einzelne Wohnungen oder Räume abzustellen, es sei denn, es handelt sich dabei um eine eigenständige wirtschaftliche Einheit (z. B. Wohnungseigentum). Sind z. B. Wohnungen im Erdgeschoss vor dem Feststellungszeitpunkt, die übrigen Wohnungen jedoch erst danach bezugsfertig geworden und erfolgt keine Bebauung in Bauabschnitten i. S. d. § 248 S. 2 BewG, ist das Gebäude als nicht bezugsfertig anzusehen.[7] Wenn ein Gebäude hingegen nur zum Teil fertiggestellt und der Innenausbau nach den Wünschen und Bedürfnissen der künftigen Nutzer zurückgestellt wird, ist das Gebäude insgesamt als bezugsfertig anzusehen.[8]

 

Rz. 12

Bei einem betrieblich genutzten Gebäude ist bereits von einer Bezugsfertigkeit auszugehen, wenn das Gebäude in seinen wesentlichen Bereichen bestimmungsgemäß für den vorgesehenen Betrieb nutzbar ist.[9] So ist ein neu errichtetes Büro- und Geschäftsgebäude, das nach seiner Funktion der Vermietung einzelner, entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Mieter gestalteter Räumlichkeiten dienen soll, bereits als bezugsfertig anzusehen, wenn es potenziellen Mietern möglich ist, die Büro- oder Geschäftsräume zu nutzen. Dies setzt voraus, dass die für das Gebäude wesentlichen Bestandteile, wie z. B. Außenwände, Fenster, tragende Innenwände, Estrichböden, Dach und Treppenhaus, fertiggestellt sind und zumindest ein Teil des Gebäudes benutzbar ist.[10] Ein Büro- und Geschäftsgebäude, bei dem der Innenausbau der jeweiligen Büroeinheiten wegen der Anpassung an die Wünsche der zukünftigen Mieter zurückgestellt wird, gilt nach der Verkehrsanschauung als bezugsfertig und wird am Markt üblicherweise bereits in diesem Zustand zur Vermietung angeboten.[11]

 

Rz. 13

Unbebaute Grundstücke

- Feststellungszeitpunkt

- tatsächlicher Zustand

Ob es zumutbar ist, ein Gebäude zu benutzen, richtet sich nach seinem tatsächlichen Zustand im Feststellungszeitpunkt. Insoweit ist es unerheblich, ob das Gebäude leer steht oder tatsächlich genutzt wird.[12] Wird das Gebäude im Feststellungszeitpunkt allerdings tatsächlich genutzt, begründet dies die widerlegbare V...

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