Rz. 24

Abweichend vom Grundsatz der Einheitlichkeit des Eigentums bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit (Rz. 16) gilt nach § 244 Abs. 3 Nr. 2 BewG ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden zusammen mit dem dazugehörenden Grund und Boden als ein Grundstück bzw. als eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens.

Ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden liegt vor, wenn ein anderer als der Eigentümer des Grund und Bodens darauf ein Gebäude errichtet hat und ihm das Gebäude zivilrechtlich oder wirtschaftlich zuzurechnen ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

  • das Gebäude i. S. d. § 95 BGB Scheinbestandteil des Grund und Bodens ist oder
  • wenn dem Nutzungsberechtigten (Nutzer des Gebäudes) bei Nutzungsbeendigung gegenüber dem Eigentümer des Grund und Bodens ein vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts des Gebäudes zusteht.[1]

Gebäude sind i.d.S. § 95 BGB als Scheinbestandteile des Grund und Bodens anzusehen, wenn sie nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden sind (§ 243 BewG Rz. 36). Dies kommt in der Praxis z. B. bei Tankstellengebäuden vor, die von Mineralölgesellschaften aufgrund eines Pachtvertrages auf ihnen nicht gehörenden Grundstücken errichtet und nach Ablauf des Pachtverhältnisses wieder zu beseitigen sind.

Bewertungsrechtlich kann das wirtschaftliche Eigentum vom zivilrechtlichen Eigentum abgespalten werden, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. In diesen Fällen ist das Wirtschaftsgut gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO einem anderen als dem zivilrechtlichem Eigentümer, nämlich dem wirtschaftlichen Eigentümer, zuzurechnen. Die wirtschaftliche Zurechnung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden auf den Nutzungsberechtigten (Nutzer des Gebäudes) kommt insbesondere dann in Betracht, wenn er das Gebäude im Einverständnis mit dem zivilrechtlichen Eigentümer auf eigene Rechnung und Gefahr errichtet hat und ihm bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses ein dem Wert des Gebäudes entsprechender Ausgleichs- oder Entschädigungsanspruch zusteht.[2] Der Ausgleichs- oder Entschädigungsanspruch kann sich entweder aus vertraglicher Vereinbarung oder gesetzlichem Anspruch, insbesondere aus §§ 951, 812 BGB, ergeben. Aufgrund seiner gesicherten Rechtsposition kann der Nutzungsberechtigte das Gebäude in diesen Fällen bis zu dessen wirtschaftlichen Verbrauch nutzen.[3]

Das Grundstück, das mit dem fremden Gebäude bebaut ist, ist das belastete Grundstück. Bei der Einheitsbewertung bilden das Gebäude auf fremdem Grund und Boden sowie das belastete Grundstück 2 wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens, die selbstständig und unabhängig voneinander zu bewerten sind.[4] Für Zwecke der Grundsteuerbewertung hat der Gesetzgeber das Gebäude mit fremdem Grund und Boden mit dem dazugehörenden Grund und Boden zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst.[5] Diese Typisierung ist vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt, da Gebäude auf fremdem Grund und Boden regelmäßig infolge schuldrechtlicher Nutzungsverhältnisse entstehen.[6]

Nach § 262 BewG ist bei einem Gebäude auf fremdem Grund und Boden für den Grund und Boden sowie für das Gebäude auf fremdem Grund und Boden ein Gesamtwert nach den §§ 243260 BewG zu ermitteln, der dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen ist.

 
Hinweis

Da das Grundstück in Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden gem. § 262 S. 2 BewG dem Eigentümer des Grund und Bodens zugerechnet wird, ist folgerichtig auch der Grundstückseigentümer verpflichtet, die Feststellungserklärung oder Anzeige i. S. d. § 228 BewG abzugeben. Der Eigentümer oder wirtschaftliche Eigentümer des Gebäudes hat dabei mitzuwirken.[7]

 

Rz. 25

einstweilen frei

[5] S. Gesetzesbegründung zum Grundsteuer-Reformgesetz, zu § 244 Abs. 3 BewG, BT-Drs. 19/11085 v. 25.6.2019, 108.
[6] Bock, in Grootens, GrStG/BewG, § 244 BewG Rz. 75.

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