Leitsatz

* 1.Ist der Geschäftsführer einer GmbH in nicht nur unbedeutendem Umfang an der Gesellschaft beteiligt, ist die Übernahme einer Bürgschaft zugunsten der GmbH regelmäßig nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst.

2. Zinsen, die der Geschäftsführer für ein nach Vollbeendigung der GmbH aufgenommenes Darlehen zur Refinanzierung der Bürgschaftszahlungen geleistet hat, können nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG , § 19 Abs.1 EStG , § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH. Er war mit 90 %, seine Ehefrau mit 10 % am Stammkapital der GmbH beteiligt. Die Ehegatten hatten gegenüber einer Bank Bürgschaften für Verbindlichkeiten der GmbH übernommen. Die GmbH wurde wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht, die Kläger aus ihrer Bürgschaft in Anspruch genommen.

Zur Begleichung der Bürgschaftsschuld hatten die Kläger Darlehen aufgenommen. Die anfallenden Schuldzinsen machten sie in den Folgejahren als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das FA lehnte dies ab, das FG gab der Klage statt (EFG 2002, 1453)

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und wies die Klage ab. Die Schuldzinsen seien weder Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit noch Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Zur Begründung nahm der BFH im Wesentlichen auf seine bisherige Rechtsprechung Bezug.

 

Hinweis

Die Entscheidung ist zu einem der vielen Fälle ergangen, in denen beherrschende Gesellschafter "ihrer" Kapitalgesellschaft noch einmal Leben einhauchen wollen. Meist geschieht dies mit Kapital ersetzenden Darlehen oder – wie hier – durch Übernahme von Bürgschaften. Wird die Gesellschaft dann schließlich doch liquidiert, können zwar die Darlehens- bzw. Bürgschaftsverluste als Auflösungsverluste nach § 17 Abs. 4 EStG geltend gemacht werden (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 12.12.2000, VIII R 22/92, BStBl II 2001, 385); die für die Refinanzierungsdarlehen aufgewendeten Schuldzinsen hat die Rechtsprechung jedoch nicht mehr abziehen lassen.

Sie hat die Schuldzinsen den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zugeordnet und sie – wie bei den anderen Überschusseinkünften nach Wegfall der Einkunftsquelle – als einkommensteuerrechtlich irrelevante Verluste im Privatvermögen des Gesellschafters behandelt (vgl. u.a. BFH, Beschluss vom 23.9.1998, VIII B 115/97, BFH/NV 1999, 310 m.w.N.). Diese Rechtsprechung ist – auch von den FG – nachhaltig kritisiert worden (vgl. u.a. die Vorentscheidung des FG des Saarlands vom 5.8.2002, 1 K 331/02, EFG 2002, 1435).

Da der beherrschende Gesellschafter einer GmbH meist auch ihr Geschäftsführer ist, stellt sich zunächst die Frage, ob das Refinanzierungsdarlehen nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang zum Anstellungsvertag steht und die Schuldzinsen deshalb als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abgezogen werden können. Indes ist dies allenfalls dann möglich, wenn der Arbeitnehmer nur in unwesentlichem Umfang an der GmbH beteiligt ist (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 20.12.1988, VI R 55/84, BFH/NV 1990, 93 und vom 12.5. 1995, VI R 64/94, BStBl II 1995, 644 m.w.N.). Bei einer höheren Beteiligung ist diese Möglichkeit auszuschließen.

Die Angriffe gegen die Rechtsprechung mit dem Ziel, die Refinanzierungszinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzuerkennen, beruhen auf einer einseitigen Betonung des Veranlassungsprinzips und einer undifferenzierten Gleichstellung der Behandlung nachlaufender – nach Wegfall der Einkunftsquelle entstandener, aber vorher begründeter – Schuldzinsen bei den Überschusseinkünften und den Gewinneinkünften, bei denen sie Betriebsausgaben sind (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 12.11.1997, XI R 98/96, BStBl II 1998, 144 m.w.N.).

Zwar gibt es auch im Rahmen der Überschusseinkünfte Unterschiede (z.B. sind – anders als bei einem Grundstück im Privatvermögen bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses oder bei einer nicht wesentlichen Beteiligung – bei Beendigung einer wesentlichen Beteiligung die stillen Reserven zu versteuern. Die Argumente für und wider den Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten sind jedoch ausgetauscht; das gilt auch für die Frage, ob die Schuldzinsen nicht – wie der Verlust durch das Gesellschafterverhältnis veranlasster Darlehen oder Bürgschaften – zu den nachträglichen Anschaffungskosten der wesentlichen Beteiligung gerechnet werden können (vgl. u.a. BFH, Beschluss vom 26.1.1999, VIII R 32/96, BFH/NV 1999, 922 unter II. 3. der Gründe m.w.N.). Ohne einen besonderen Anlass wird der BFH diese Jahrzehnte alte Rechtsprechung wohl kaum ändern.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 5.10.2004, VIII R 64/02

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