§ 1 Abs. 3 GrEStG besteuert einen Rechtsträgerwechsel der der Gesellschaft gehörenden inländischen Grundstücke, soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG nicht in Betracht kommt. Der Anwendungsvorrang des § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG gilt auch dann, wenn die Grundwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a Satz 6 oder Abs. 2b Satz 6 GrEStG oder auf Grund einer Steuerbefreiung nicht erhoben wird.[1]

Der Steuer unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 GrEStG:[2]

  • ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden.[3] Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG knüpft die Steuerpflicht an ein Rechtsgeschäft[4] und nicht an die tatsächliche Vereinigung der Gesellschaftsanteile in einer Hand. Unter Rechtsgeschäft im vorstehenden Sinne versteht man einseitige und zweiseitige Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an der Gesellschaft begründen. Es muss sich dabei um ein Rechtsgeschäft handeln, das in einem schuldrechtlichen Geschäft angelegt ist. Auch ein Widerruf als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung kann ein Rechtsgeschäft i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sein, wenn das Recht zum Widerruf in einem schuldrechtlichen Geschäft – z. B. einer vertraglichen Vereinbarung – angelegt ist. Der Widerruf als Gestaltungsgeschäft begründet zwar selbst kein Schuldverhältnis, er ändert aber den Inhalt eines bereits bestehenden Schuldverhältnisses;[5]
  • die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 % der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorausgegangen ist;[6]
  • ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 % der Anteile der Gesellschaft begründet;[7]
  • der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 90 % der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG vorausgegangen ist.[8]
[1] Schnitter in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 118. Lfg. , April 2022, § 1 GrEStG, Rz. 302.4.
[2] Vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.12.1999, BStBl 1999 I S. 991.

Zur Anwendung des § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsfälle vgl. die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 19.9.2018, BStBl 2018 I S. 1056.

Zur Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG im Zusammenhang mit Treuhandgeschäften und Auftragserwerben vgl. die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 19.9.2018, BStBl 2018 I S. 1074.

[4] Verpflichtet sich ein Gesellschafter zur Abtretung eines Geschäftsanteils, verwirklicht erst ein gesellschaftsrechtlich formwirksames Rechtsgeschäft den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG. Ein formloser Gesellschafterbeschluss reicht nicht aus, vgl. BFH, Urteil v. 16.3.2022, II R 24/20, BFH/NV 2022 S. 1196.

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