Leitsatz

Auch eine maschinell gefertigte Umbuchungsmitteilung stellt regelmäßig eine Aufrechnungserklärung dar. Dabei handelt es sich aber nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine verwaltungsrechtliche Willenserklärung, deren Wirksamkeit sich nach den aus dem Zivilrecht abgeleiteten Regelungen und Grundsätzen für die Wirksamkeit von Willenserklärungen richtet. Die Regelungen der Abgabenordnungen über Verwaltungsakte finden keine Anwendung.

 

Sachverhalt

Das beklagte Finanzamt hatte gegenüber der Fa. X, die in Insolvenz war, seit dem 15.05. 2001 fällige Forderung aus einer Lohnsteueranmeldung für April 2001 in Höhe von über DM 100.000. Der Insolvenzverwalter meldete seinerseits am 21.06.2001 einen Erstattungsanspruch für die Umsatzsteuer März 2001 in Höhe von DM 3.973,80 an. Zustimmung nach § 168 Abs. 2 AO wurde am 28.06.2001 erteilt.

Am 01.07.2001 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen. Die Finanzbehörde (Vollstreckungsstelle) erlangte hiervon am 11.07.2001 Kenntnis. Am 17.07.2001 veranlasste die Finanzkasse die Absendung einer maschinell gefertigten Umbuchungsmitteilung. Hierin hieß es, dass mit Kontostand vom 17.07.2001 von Umsatzsteuer März 2001 DM 3.973,80 auf Lohnsteuer April 2001 umgebucht worden seien. Weiterhin hieß es dann: "Sollten Sie mit den Buchungen nicht einverstanden sein, geben Sie bitte umgehend die beanstandeten Buchungen sowie ihre Buchungswünsche … an. Eine Berücksichtigung Ihrer Buchungswünsche ist im Regelfall nur bei vorgenommenen Buchungen auf noch nicht fällige Forderungen möglich." Wann der Kläger als Insolvenzverwalter hiervon Kenntnis erlangt hatte, war streitig. Jedenfalls widersprach er am 11.10.2001 der mitgeteilten Umbuchung und erklärte seinerseits die Aufrechnung des Guthabens aus der Umsatzsteuer März 2001 in Höhe von DM 3.973,80 mit einer Verbindlichkeit aus einer Umsatzsteuervorauszahlung für September 2001 bezüglich der Masse-Steuernummer. Der Kläger vertrat die Auffassung, die Umbuchungsmitteilung habe noch keine Aufrechnungserklärung dargestellt, sondern lediglich ein Angebot des Beklagten auf Aufrechnung. Da der Beklagte dieser Auffassung nicht folgte, erließ das Finanzamt auf Antrag des Klägers am 18.10.2001 einen Abrechnungsbescheid dahingehend, dass das Guthaben aus der Umsatzsteuervoranmeldung März 2001 durch Aufrechnung mit der Gegenforderung aus der Lohnsteuervoranmeldung April 2001 erloschen sei. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies der Beklagte zurück.

 

Entscheidung

Die Klage blieb erfolglos. Das FG geht davon aus, dass es sich bei der Umbuchungsmitteilung um eine wirksame Aufrechnungserklärung des Beklagten handele. Seit längerem habe der BFH entschieden, dass eine Aufrechnungserklärung des Finanzamtes kein Verwaltungsakt, sondern die rechtsgeschäftliche Ausübung eines Gestaltungsrechts, d.h., eine verwaltungsrechtliche Willenserklärung darstelle. Prüfungsmaßstab für die Wirksamkeit und für die Einordnung sind daher die aus dem Zivilrecht abgeleiteten Regelungen und Grundsätze für die Wirksamkeit von Willenserklärungen. Eine Aufrechnungserklärung sei eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die ohne Zutun des Erklärungsempfängers rechtsgestaltend dessen Rechtsstellung verändere. Daher muss sich der Wille zur Tilgung und Verrechnung klar und eindeutig aus der Erklärung selbst ergeben. Andererseits bedarf es für die Aufrechnungserklärung keiner besonderen Form. Es genügten sogar schlüssige Handlungen. Trotz des Wortlautes der Zusätze zur Umbuchungsmitteilung hatte das FG keinen Zweifel daran, dass die Umbuchungsmitteilung eine willensgetragene Erklärung zum Inhalt hatte. Selbst bei Erstellung und Versendung einer solchen Erklärung durch ein automatisches Programm ergäbe sich die entsprechende Willensgetragenheit aus den generellen Programmeingaben. Hier ergab sich aber der Charakter als Willenserklärung auch daraus, dass die Absendung der maschinell vorbereiteten Mitteilung der Entscheidung einer Buchhaltungskraft in der Finanzkasse unterlag. Aus der Mitteilung habe sich auch der erforderliche Rechtsbindungs- und Gestaltungswille ergeben. Die Mitteilung verkörperte nicht etwa nur eine bloße Ankündigung oder Anfrage. Sie gab vielmehr den Buchungsstand nach Auffassung der Finanzverwaltung nach vollzogener Verrechnung wieder. Aus dem Zusatz "Sollten Sie mit den Buchungen nicht einverstanden sein …" könne kein gegenteiliger Schluss gezogen werden. Vielmehr habe der Beklagte deutlich gemacht, dass nur unter besonderen (engen) Voraussetzungen von der Verrechnungs- bzw. Aufrechnungslage wieder abgegangen würde.

Die Voraussetzungen für die Aufrechnungen lagen auch nach bürgerlichem Recht vor (§§ 226 Abs. 1 AO, 387 ff. BGB). Auch Aufrechnungsverbote nach der Insolvenzordnung (§§ 94 InsO, 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO und § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO) griffen nicht, so dass die Klage unbegründet war.

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, da Umbuchungsmitteilung der im Streitfall verwendeten Art ...

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