Leitsatz

1. Die Finanzbehörden sind grundsätzlich berechtigt, von einer Rechtsanwaltskammer Auskünfte über für die Besteuerung erhebliche Sachverhalte eines Kammermitglieds einzuholen; die Vorschriften der Berufsordnung über die Verschwiegenheitspflicht des Kammervorstands stehen dem nicht entgegen.

2. Ein solches Auskunftsersuchen ist auch im Vollstreckungsverfahren zulässig.

3. Es ist nicht unverhältnismäßig oder unzumutbar, wenn das FA für Zwecke der Zwangsvollstreckung eine Rechtsanwaltskammer zur Auskunft über die Bankverbindung eines Kammermitglieds auffordert, sofern diesbezügliche Aufklärungsbemühungen beim Vollstreckungsschuldner erfolglos waren.

 

Normenkette

§ 93 Abs. 1, § 105 Abs. 1 AO, § 76 Abs. 1 BRAO

 

Sachverhalt

Das FA hatte Steuerforderungen gegen einen Rechtsanwalt i.H.v. ca. 3.400 €. Um seine Forderungen beitreiben zu können, forderte es die Rechtsanwaltskammer auf, dessen Bankverbindung mitzuteilen. Diesbezügliche Anfragen beim Steuerpflichtigen seien erfolglos geblieben.

 

Entscheidung

Der BFH hält das Ersuchen für rechts- und ermessensgemäß!

 

Hinweis

Beteiligte, aber auch unbeteiligte andere Personen haben dem FA die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Ein solches Auskunftsersuchen ist auch im Vollstreckungsverfahren zulässig.

Das gilt auch für eine Rechtsanwaltskammer im Hinblick auf Verhältnisse ihrer Mitglieder. § 76 Abs. 1 BRAO (Verschwiegenheitspflicht des Kammervorstands hinsichtlich der Angelegenheiten, die ihm bei seiner Tätigkeit bekannt werden) ändert daran nichts. Denn nach § 105 AO gilt diese Verpflichtung nicht für ihre Auskunftspflicht gegenüber den Finanzbehörden.

Eine andere Frage ist, ob und in welchem Umfang das FA bei einem solchen Auskunftsersuchen darauf Rücksicht nehmen muss, dass die Offenbarung der Bankverbindung eines Mitglieds das Vertrauensverhältnis zwischen diesem und "seiner" Kammer psychologisch zu stören geeignet ist. In dieser Hinsicht zeigt sich die Besprechungsentscheidung freilich wenig sensibel. Sie zwingt die Kammer in die Rolle einer Auskunftei des FA, und zwar wegen eines vielleicht nicht eben als für den Fiskus bedeutsam anzusehenden Steuerbetrags.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.12.2006, VII R 46/05

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