Leitsatz

1. Einkünfte aus der Beteiligung an einer gewerblich tätigen ausländischen Personengesellschaft (hier: KG tschechischen Rechts), die nach Maßgabe eines DBA in Deutschland steuerfrei sind, sind auch dann als dem Progressionsvorbehalt unterliegende gewerbliche Einkünfte der inländischen Gesellschafter anzusehen, wenn die ausländische Personengesellschaft in dem anderen Vertragsstaat als dem Sitzstaat der Gesellschaft als juristische Person besteuert wird.

2. Die gesonderte und einheitliche Feststellung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte (§ 180 Abs. 5 Nr. 1 AO) kann mit einer Feststellung steuerpflichtiger inländischer Einkünfte (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO) verbunden werden.

 

Normenkette

§ 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG 1995, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 DBA-Tschechien

 

Sachverhalt

Klägerin war eine inländische Gesellschaft bürgerlichen Rechts; sie betrieb die Vermietung und Verpachtung von eigenen Grundstücken und Nichtwohngebäuden und vermietete eine Liegenschaft an eine ebenfalls inländische GmbH, die X-GmbH. Die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter der Klägerin waren an der X-GmbH beteiligt, die wiederum zusammen mit den Gesellschaftern der Klägerin Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft tschechischen Rechts ("Komanditni Spolecnost"), der X-KS, mit Sitz in Tschechien waren, dabei die X-GmbH als deren Komplementärin, die Gesellschafter der Klägerin als Kommanditisten. Die X-KS produzierte im Auftrag ihrer Komplementärin in Tschechien Waren. Bei der Klägerin wurden sowohl die Beteiligung ihrer Gesellschafter an der X-GmbH als auch diejenige an der X-KS als Sonderbetriebsvermögen behandelt. Das FA erließ entsprechende Feststellungsbescheide, in denen es die Anteile an dem Gewinn der CT KS zwar nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Tschechien von der deutschen Besteuerung ausnahm, diese Anteile jedoch bei der Berechnung des Steuersatzes im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigte.

Das FG hat dem FA recht gegeben (DStRE 2006, 842).

 

Entscheidung

Der BFH sah das genauso wie das FG:

Aus deutscher Sicht handle es sich bei der CT KS um eine Personengesellschaft. Deren Gesellschafter seien also i.S.v. § 15 EStG gewerblich tätig und die Gewinnanteile der Personengesellschaft seien diesen zuzurechnen. Der Umstand, dass die CT KS in Tschechien steuerlich als Kapitalgesellschaft und deren Gewinnanteile als Dividenden behandelt würde, stehe dem nicht entgegen. Abkommensrechtlich stehe das Besteuerungsrecht für die Gewinne infolge des Betriebsstättenvorbehalts in Art. 7 DBA-Tschechien sonach Tschechien zu. Das ändere jedoch nichts daran, dass Deutschland die Gewinnanteile in den Progressionsvorbehalt des § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG einbeziehen könne, und zwar gleichviel, ob man die abkommensrechtliche Steuerfreistellung der Gewinnanteile auf Art. 7 Abs. 1 Satz 1 oder auf Art. 7 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a und c DBA-Tschechien stütze.

 

Hinweis

1. Das Internationale Steuerrecht kennt bekanntlich das Phänomen des sog. Qualifikationskonflikts: Die steuerrechtliche Beurteilung eines und desselben Vorgangs wird in beiden Vertragsstaaten unterschiedlich eingeschätzt.

Die damit zusammenhängenden Probleme gehören mit zu den schwierigsten des Internationalen Steuerrechts überhaupt. Betroffen sind in vorderster Front Qualifikationskonflikte bei Personengesellschaften, die in dem einen Staat als transparent, in dem anderen Staat aber als intransparent angesehen werden. Rechtsprechung und Verwaltungspraxis divergieren hier stark. Ein Blick auf den soeben im Internet abrufbaren Entwurf der neuen Verwaltungsgrundsätze zur "Anwendung der DBA auf Personengesellschaften" vom 10.5.2007 (IV B 4 – S 1300/07/0006) belegt das nachdrücklich.

2. Mit einem Teilaspekt dieses Problems musste sich der BFH im Urteilsfall beschäftigen.

Es ging um die steuerliche Behandlung von Gewinnanteilen an einer tschechischen Kommanditgesellschaft, die in Deutschland im Rahmen des anzustellenden sog. Typenvergleichs als Personengesellschaft behandelt wird, die in Tschechien jedoch, was die Gewinnanteile der Kommanditisten anbelangt, als Kapitalgesellschaft der dortigen KSt unterworfen wird. Für Zwecke der DBA-Anwendung gilt sie als in Tschechien ansässige Person.

Die innerstaatliche Handhabung in Deutschland führt dazu, dass die Gewinnanteile ertragsteuerrechtlich als Entnahmen angesehen werden und dass sie abkommensrechtlich als gewerbliche Einkünfte i.S.v. Art. 7 DBA-Tschechien von der deutschen Bemessungsgrundlage freizustellen sind. Die tschechische Sicht der Dinge ist insofern irrelevant.

Das ändert jedoch nichts daran, dass die Gewinnanteile in Deutschland in den Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG (heute § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG) eingehen. Darauf, ob die Steuerfreistellung sich nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 oder nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a und c DBA-Tschechien richtet, kommt es insofern nicht an.

 

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