Leitsatz

1. Wer ein Grundstück innerhalb des maßgebenden Veräußerungszeitraums im Privatvermögen anschafft und aus dem Privatvermögen wieder veräußert, muss die Wertsteigerungen im Privatvermögen seit der Anschaffung versteuern, auch wenn er das Grundstück zeitweise im Betriebsvermögen gehalten hat.

2. Der Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ist in diesem Fall um den im Betriebsvermögen zu erfassenden Gewinn (als Unterschied zwischen Einlage- und Entnahmewert) zu korrigieren.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nrn. 4, 5, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 5 Nr. 1, Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Herr K erwarb 1997 ein Hausgrundstück. 2000 übertrug er es unentgeltlich an seine Frau. Die Eheleute K bewohnten das Erdgeschoss, während Frau K das Obergeschoss 2003 in ihr Betriebsvermögen einlegte. 2004 entnahm Frau K das Obergeschoss wieder und überführte es in ihr Privatvermögen. 2006 veräußerte sie das zwischenzeitlich in Wohnungseigentum umgewandelte Obergeschoss. Das FA erfasste den Veräußerungsgewinn als Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis 2006 und den Anschaffungskosten des Jahres 1997 zuzüglich der AfA, zuzüglich des Teilwerts der Einlage und abzüglich des Teilwerts der Entnahme. Frau K als unentgeltliche Erwerberin war die Anschaffung durch ihren ­Ehemann zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG). Das FG wies die Klage ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 26.10.2010, 12 K 266/09, Haufe-Index 2590217, EFG 2011, 636).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte diese Entscheidung: Zutreffend hat das FG den Gewinn aus dem Veräußerungsgeschäft auch um die Wertveränderungen korrigiert, die im betrieblichen Bereich erfasst worden sind. Wird für die Zeit der Betriebsvermögenseigenschaft des Objekts ein Gewinn versteuert, weil der Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme den Teilwert der Einlage übersteigt, so gehört dieser Gewinn gem. § 23 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht in den Anwendungsbereich des § 23 EStG, weil er nicht auf den Zeitraum entfällt, in dem das Objekt im Privatvermögen war.

 

Hinweis

Nehmen wir an, unser K erwirbt eine Wohnung im Privatvermögen, legt sie für eine kurze Zeit in sein Betriebsvermögen ein, entnimmt sie wieder und veräußert sie innerhalb der Zehnjahresfrist. Was sind die steuerlichen Auswirkungen?

1. Private Veräußerungsgeschäfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2 EStG) i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG über Grundstücke sind steuerbar, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Unter Anschaffung oder Veräußerung i.S.d. § 23 EStG ist die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts zu verstehen. Zweck ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen.

2. Die Einlage in das Betriebsvermögen des K in 2003 stellt mangels Rechtsträgerwechsels keine Veräußerung dar. Aus § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG ergibt sich nichts anderes, wenn – wie hier – der Einlage keine Veräußerung aus dem Betriebsvermögen folgt. Die Einlage in ein Betriebsvermögen wird nur für den Fall der Veräußerung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gleichgestellt, dass ohne die Veräußerungsfiktion – nach der Einlage zum Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) – eine Veräußerung aus dem Betriebsvermögen zu einer Versteuerung der im Betriebsvermögen entstandenen Wertsteigerungen führt. Folge der Veräußerungsfiktion ist, dass nicht nur die im betrieblichen Bereich entstandenen stillen Reserven, sondern entsprechend dem gesetzlichen Zweck auch die vorher im Zeitraum zwischen Anschaffung und Einlage entstandenen Wertveränderungen (insoweit über § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) erfasst werden.

3. Auch die Entnahme aus dem Betriebsvermögen in 2004 ist mangels Rechtsträgerwechsels keine Veräußerung. Zwar gilt gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG als Anschaffung auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme. Diese Fiktion einer Anschaffung wirkt hier aber nicht. Denn die ursprüngliche tatsächliche Anschaffung des Jahres 1997 wirkt fort, da – wie dargelegt – die Voraussetzungen der Veräußerungsfiktion des § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG nicht erfüllt sind. Entsprechend sind die ursprünglichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen und der Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ist um den im Betriebsvermögen zu erfassenden Gewinn zu korrigieren.

Allein diese – wortlautkonforme – Auslegung stellt sicher, dass – wie es die Zwecksetzung von § 23 Abs. 1 EStG verlangt – alle zwischen Anschaffung und Veräußerung im Privatvermögen entstandenen stillen Reserven erfasst werden. Demgegenüber sind Gründe dafür, weshalb die Anschaffungsfiktion des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG die frühere Anschaffung verdrängen sollte, nicht ersichtlich. Im Gegenteil ergibt sich gerade aus der Regelung der Veräußerungsfiktion in § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG die Intention des Gesetzes, alle Wertveränderungen im Zeitraum zwischen tatsächlicher Anschaffung und tatsächlicher Veräußerung zu erfassen, glei...

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