Leitsatz

Wird eine Aufgabe durch Vertrag ohne eine spezifische gesetzliche Grundlage übertragen, führt dies nicht zu einer Anerkennung i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g und i MwStSystRL als Einrichtung. Ebenso kann die Kostenübernahme für eine bestimmte Aufgabe nur dann zu einer anerkannten Einrichtung i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g und i MwStSystRL führen, wenn für die Zahlung eine gesetzliche Grundlage besteht.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 18, § 4 Nr. 23, § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, § 76 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 2, § 118 Abs. 2, § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 126 Abs. 4, § 126 Abs. 6, § 135 Abs. 1 FGO, § 77 Abs. 1 Satz 1, § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XI, § 112 Abs. 2 Satz 1, § 112 Abs. 3 Satz 1, § 115 Abs. 1, § 115 Abs. 3 HochSchG 2003, § 112a Abs. 4 HochSchG 2010, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g 6. EG-RL, Art. 132 Abs. 1 Buchst. g EG-RL 112/2006

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine teilprivatisierte GmbH, betrieb in den Streitjahren 2005 bis 2007 eine Studierendenmensa auf dem Campus einer Fachhochschule und erbrachte Restaurationsleistungen an immatrikulierte Studierende. Dabei zahlten die Studierenden für ein Mittagsmenü ein nicht kostendeckendes Entgelt.

Die Klägerin war dabei aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Fachhochschule tätig und garantierte der Fachhochschule eine Essensversorgung in Form eines Mittagessens in der Campusrestauration. Im Gegenzug sollte die Klägerin jährliche Ausgleichszahlungen erhalten. In Ergänzung hierzu sah eine mit dem Land abgeschlossene Sicherstellungsvereinbarung vor, dass die Klägerin bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben genauso behandelt werden sollte, wie die Studierendenwerke an den übrigen Hochschulstandorten des Landes. Die Klägerin verpflichtete sich erneut, die Essensversorgung der Studierenden am Standort sicherzustellen. Zur Finanzierung der Essensversorgung erhielt die Klägerin wie die Studierendenwerken an anderen Hochschulstandorten jährlich einen Landeszuschuss sowie vom zuständigen Studierendenwerk einen Anteil an den studentischen Sozialbeiträgen. Die Klägerin ging davon aus, dass ihre Leistungen steuerfrei seien. Demgegenüber sah das Finanzamt die Leistungen als steuerpflichtig an.

Die Klage zum Finanzgericht (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.8.2014, 6 K 1387/11, Haufe-Index 7202783, EFG 2014, 2090) hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage insoweit ab, als die Klägerin mit dem Regelsteuersatz zu besteuernde Restaurationsleistungen an Studierende erbracht habe. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht steuerbefreit. Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL komme wegen Art. 134 Buchst. b MwStSystRL nicht in Betracht. Die entgeltlichen Restaurationsleistungen seien dazu bestimmt, der Klägerin im potenziellen Wettbewerb mit Umsätzen anderer Unternehmer zusätzliche Einnahmen zu verschaffen (Art. 134 Buchst. b MwStSystRL). Hingegen gab das Finanzgericht der Klage insoweit statt, als die Klägerin steuerfreie Leistungen an die Fachhochschule und das Land gegen Entgelt erbracht habe. Für die Steuerfreiheit dieser Leistungen könne sich die Klägerin für die Streitjahre mit Erfolg auf Unionsrecht berufen (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL), weil sie durch die Gewährleistung der Essensversorgung für Studierende eine eng mit dem Hochschulunterricht verbundene Dienstleistung erbringe. Da sie eine den Stu­dierendenwerken vergleichbare Zielsetzung verfolge, sei sie eine anerkannte andere Einrichtung. Die Steuerfreiheit sei insoweit auch nicht nach Art. 134 Buchst. b MwStSystRL ausgeschlossen, da ein Wettbewerb mit anderen Unternehmern nicht in Betracht komme. Klägerin wie auch Finanzamt legten gegen das Urteil Revision ein.

 

Entscheidung

Der BFH sah die Revision des Finanzamts als begründet und die der Klägerin als im Ergebnis unbegründet an. Danach war das Urteil des Finanzgerichts aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen. Die Klägerin habe steuerbare Leistungen nur bei der Abgabe von Speisen erbracht. Die Zahlungen durch das Land und das Studierendenwerk seien als Drittentgelte anzusehen. Eine gesonderte Leistungserbringung an die Fachhochschule und das Land liege nicht vor. Zudem seien die Leistungen nicht steuerfrei. Für eine Steuerfreiheit nach der Richtlinie fehle es an der dafür erforderlichen Anerkennung.

 

Hinweis

1. Die Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g EG-RL 112/2006 (MwStSystRL) bezieht sich auf sog. Sozialumsätze. Es handelt sich um Leistungen, die zum einen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden, und die zum anderen eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind (EuGH, Urteil vom 21.1.2016, C-335/14, Les Jardins de Jouvence SCRL, BFH/NV 2016, 525, EU:C:2016:36, Rz. 29).

a) Die Richtlinie legt die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. Vielmehr ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln a...

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