Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung. Duldungsbescheid. Beitragsbescheid. öffentliche Last. Grundpfandrecht. dingliche Berechtigung. Zwangsvollstreckung. Absonderungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Öffentlichrechtlichen Abgabengläubigern steht im Insolvenzverfahren bei öffentlichen Grundstückslasten, die vor Insolvenzeröffnung entstanden sind, ein Absonderungsrecht nach § 49 InsO zu, das trotz des § 89 Abs. 1 InsO durch Erlass eines Duldungsbescheides gegen den Insolvenzverwalter durchgesetzt werden kann.

 

Normenkette

InsO §§ 49, 89 Abs. 1; KAG-LSA § 6 Abs. 9; ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

VG Magdeburg (Urteil vom 16.08.2005; Aktenzeichen 7 A 156/03)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg – 7. Kammer – vom 16. August 2005 zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 11 776,23 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1. Es bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

a) Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Klägerin verstößt der nach Insolvenzeröffnung erlassene Duldungsbescheid des Beklagten vom 15. November 2002 nicht gegen § 89 Abs. 1 InsO, wonach Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig sind. Denn wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, ist der Beklagte gem. § 49 InsO zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Nach dieser Regelung sind Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen zusteht, die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (unbewegliche Gegenstände), nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt.

Der Beklagte hat mit Bescheiden vom 16. November 1999 einen Herstellungsbeitrag sowie einen Kostenerstattungsbetrag für die Herstellung des Grundstücksanschlusses gegenüber dem Eigentümer des Grundvermögens festgesetzt. Gemäß § 6 Abs. 9 KAG LSA und §§ 8 Satz 4 i.V.m. 6 Abs. 9 KAG LSA ruhen sowohl der Beitrag als auch der Kostenerstattungsanspruch als öffentliche Last auf dem Grundstück. Dabei handelt es sich entgegen OLG Hamm (vgl. Urt.v. 21. Oktober 1993 – 27 U 125/93 –, NJW-RR 1994, 469 f.) durchaus um eine dingliche Berechtigung. Denn die öffentliche Last als ein durch Gesetz begründetes Grundpfandrecht gewährt dem Abgabengläubiger ein Befriedigungsrecht an dem haftenden Grundstück und verpflichtet den jeweiligen Eigentümer des belasteten Grundstücks, wegen einer auf diese Weise dinglich gesicherten persönlichen Schuld die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden (so BVerwG, Urt.v. 22. Februar 1985 – 8 C 107.83 –, NJW 1985, 2658, 2659; vgl. auch Urt.v. 20. September 1974 – 4 C 32.72 –, BVerwGE 47, 49, 54 „dingliches Recht”; BGH, Urt.v. 22. Mai 1981 – V ZR 69/80 –, NJW 1981, 2127). Auf Grund des Verweises in § 49 InsO auf das ZVG richtet sich der Kreis der Absonderungsberechtigten weiterhin nach den Regelungen der §§ 10 bis 14 ZVG (vgl. Braun, InsO 2002, § 49 Rdnr. 13; Hess, InsO 1999, § 49 Rdnr. 15). In § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG ist aber ausdrücklich gere gelt, dass die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge ein Recht auf Befriedigung gewähren. Damit steht dem öffentlich-rechtlichen Abgabengläubiger im Insolvenzverfahren bei öffentlichen Grundstückslasten, die vor Insolvenzeröffnung entstanden sind, ein Absonderungsrecht nach § 49 InsO zu, das trotz des § 89 Abs. 1 InsO durch Erlass eines Duldungsbescheides gegen den Insolvenzverwalter durchgesetzt werden kann (so auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. A., § 27 Rdnr. 16, 18; Schrödter, BauGB 7. A., § 134 Rdnr. 13, 16 jeweils zu § 134 Abs. 2 BauGB; Seeger/Gössl, KAG BW, § 10 S. 156c; Vehslage, NVwZ 2003, 776).

Dass noch ein Duldungsbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter erlassen werden muss, um eine Vollstreckung durchzuführen, steht nach den dargelegten Rechtsgrundlagen dem Bestehen einer Absonderungsberechtigung nach § 49 InsO nicht entgegen. Denn durch den Erlass des Duldungsbescheides wird nicht – wovon die Klägerin ausgeht – das Absonderungsrecht nach § 49 InsO begründet, sondern der Duldungsbescheid dient gerade der Durchsetzung des bestehenden Absonderungsrechts.

Soweit die Klägerin auf das Urteil des OLG Hamm vom 21. Oktober 1993 (a.a.O.) verweist, so bezieht sich diese Entscheidung zum einen auf Grundsteuern und Hausgebühren, die für einen Zeitraum nach Konkurseröffnung entstanden sind. Zum anderen wird darin rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die öffentlichen Grundstückslasten keine dingliche Berechtigung verschaffen würden. Auch der Hinweis darauf, das Selbsttitulierungsrecht der öffentlichen Hand werde nach ...

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