Kommentar

Wichtig

Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 24.1 Abs. 2 UStAE.

Land- und forstwirtschaftliche Betriebe können wahlweise die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden und so für ihre land- und forstwirtschaftlichen Umsätze einen Sondersteuersatz[1] anwenden und dazu korrespondierend die Vorsteuer pauschal in Abhängigkeit von der Höhe der Ausgangsumsätze ermitteln.

Wichtig

Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung ist für die Land- und Forstwirte i. d. R. wirtschaftlich vorteilhaft. Die Anwendung ist aber seit 2021 auf Unternehmen begrenzt, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 600.000 EUR nicht überschritten hat.

Ob ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, bestimmt sich nach § 24 Abs. 2 UStG. Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe gelten danach als landwirtschaftlicher Betrieb, soweit ihre Tierbestände nach den § 51 und § 51a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.[2]

Hinweis

Nach § 50 BewG gehört die Tierhaltung zur Landwirtschaft, wenn in Abhängigkeit von der Größe (nach Hektar) der vom Inhaber des Betriebs regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen eine bestimmte Anzahl von Vieheinheiten nicht überschritten wird.[3] Nach der Rechtsprechung des BFH[4] ist die Vieheinheiten-Obergrenze für landwirtschaftliche Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe einheitlich für alle Betriebe eines Unternehmers zu ermitteln. Aufgrund der Regelungen des § 51 BewG ergibt sich bei steigender Hektarzahl eine Degression bei den Vieheinheiten, sodass sich bei einer Zusammenfassung von Betrieben eine geringere Anzahl von Vieheinheiten für die Einordnung als landwirtschaftlicher Betrieb ergibt.

Die Finanzverwaltung nimmt die Entscheidung des BFH jetzt mit in den UStAE auf und bestimmt weiterhin, dass die Zusammenrechnung der Hektarfläche und der Vieheinheiten nach § 51 und § 51a BewG auch in den Fällen der Organschaft[5] gilt. Damit sind alle Betriebe der Organgesellschaften und des Organträgers zusammenzurechnen.

Konsequenzen für die Praxis

Die Finanzverwaltung nimmt recht zeitnah die schon vorab im BStBl veröffentlichte Entscheidung des BFH in den UStAE auf und erweitert deren Anwendung gleichzeitig auf Organschaftsfälle.

Wichtig

Die Entscheidung des BFH war nicht zu einem Organschaftsfall ergangen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH[6] in einem Organkreis zwar der Organträger als der einzige "Steuerpflichtige" angesehen werden kann, der einheitlich für den gesamten Organkreis die Besteuerung verwaltungstechnisch abwickeln kann. Wie sich dies aber auf die darüber hinausgehende "Selbstständigkeit" der einzelnen Organschaftsteile auswirkt, ist umstritten. Aus diesem Grund hat der BFH[7] erneut den EuGH angerufen, um klären zu lassen, ob die bisher in Deutschland angenommene Nichtbesteuerung von sog. Innenumsätzen mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Ob und wie sich eine Entscheidung des EuGH auch auf die Frage der Zusammenfassung für die Beurteilung der Vieheinheiten-Obergrenze in Organschaftsfällen auswirken könnte, bleibt abzuwarten.

Die Grundsätze des BMF sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Dies gilt aber nicht für Besteuerungszeiträume vor dem 1.1.2021, soweit die Tierzucht oder Tierhaltung im Rahmen eines Gewerbebetriebs kraft Rechtsform erfolgt ist, für den nach § 24 Abs. 2 Satz 3 UStG die Regelbesteuerung angewendet worden ist.

Hinweis

Der Durchschnittssteuersatz ist in den vergangenen Jahren immer weiter abgesenkt worden. Auch im Rahmen des Wachstumschancengesetzes ist geplant, den Durchschnittssteuersatz ab 2024 von derzeit 9,0 % auf 8,4 % erneut abzusenken. Mit weiter sinkendem Durchschnittssteuersatz wird sich für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe zunehmend die Frage stellen, ob die Anwendung dieser Sondervorschrift noch wirtschaftlich sinnvoll ist.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

BMF, Schreiben v. 30.6.2023, III C 2 – S 7410/19/10001 :024, BStBl 2023 I S. 1125.

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