Leitsatz

1. Der grundlegende Umbau eines Altbaus steht dann der Errichtung eines (neuen) Gebäudes i.S.d. Übergangsregelung in § 27 Abs. 2 UStG 1993 gleich,

  • – wenn die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge eines neuen Gebäudes geben oder
  • – wenn der Altbau durch den Umbau eine wesentliche Funktions- und Zweckveränderung erfährt.

2. Für vermietete Altbauten, die vor dem 11.11.1993 errichtet worden sind, ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung von Vermietungsumsätzen nach § 9 Abs. 2 UStG 1993 ohne zeitliche Beschränkung auch dann möglich, wenn der Vermieter den Altbau nach dem 11.11.1993 erworben und Herstellungsaufwendungen getätigt hat, die zu sonstigen nachträglichen Herstellungskosten geführt haben.

 

Normenkette

§ 27 Abs. 2 UStG , § 9 Abs. 2 UStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb 1994 ein bebautes Grundstück und renovierte es umfassend mit einem Aufwand von etwa dem 10-fachen des Erwerbspreises.

Die Klägerin machte unter Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze vergeblich die Vorsteuerbeträge der Bauphase geltend. Das FA hielt dies für unzulässig, weil sie der Baumaßnahme erst nach dem in der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 2 UStG genannten Zeitpunkt (10.11.1993) begonnen habe und die Umsätze der Mieter vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen seien.

Das FG bestätigte im Ergebnis das FA, weil – nach den Grundsätzen zur Selbstverbrauchsteuer – durch den Umbau ein anderes Wirtschaftsgut entstanden sei.

 

Entscheidung

Die Revision hatte aus den in den Praxis-Hinweisen wiedergegebenen Gründen Erfolg; lediglich einzelne Feststellungen hatte das FG nachzuholen.

 

Hinweis

Es geht um die Übergangsregelung zu § 9 Abs. 2 UStG – Verzicht auf die Steuerbefreiung nur noch bei Vermietung an einen Unternehmer – und in diesem Zusammenhang um die Abgrenzung, Herstellung eines Gebäudes oder nur Erhaltung. Das Ergebnis ist überraschend:

Seit § 9 Abs. 2 UStG i.d.F. des StMBG vom 21.12.1993 ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG) nur noch zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Nach der Übergangsregelung hierzu (§ 27 Abs. 2 UStG) ist § 9 Abs. 2 UStG (i.d.F. des StMBG) u.a. dann nicht anzuwenden, wenn

  • das auf dem Grundstück errichtete Gebäude weder Wohnzwecken noch anderen nichtunternehmerischen Zwecken, sondern unternehmerischen Zwecken dient oder zu dienen bestimmt ist,
  • mit der Errichtung des Gebäudes vor dem 11.11.1993 begonnen worden ist und
  • das Gebäude vor dem 1.1.1998 fertig gestellt worden ist.

Die Regelungen in § 27 Abs. 2 und § 9 Abs. 2 UStG sind im Zusammenhang mit den §§ 15, 15a UStG zu sehen. Die Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG setzt ein Wirtschaftsgut voraus, bei dem sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ändern. Berichtigt werden die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge. Die Übergangsregelung (§ 27 UStG) erwähnt nur die Errichtung und die Fertigstellung des Gebäudes. Der Zeitpunkt der Anschaffung ist deshalb für die Übergangsregelung irrelevant. Herstellungskosten sind nach § 255 Abs. 2 HGB:Aufwendungen für die Herstellung, für die Erweiterung und für die über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung. Es ist daher zu unterscheiden,

  • ob es sich lediglich um nachträgliche Herstellungskosten handelt, weil sie zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung des Gebäudes führen oder
  • ob sie zur Herstellung eines neuen Gebäudes (Neubaus) führen.

Nur im zuletzt genannten Fall ist mit der Errichtung des Gebäudes nach dem 10.11.1993 begonnen worden.

Für die Abgrenzung gelten die im Leitsatz bezeichneten ertragsteuerrechtlichen Grundsätze.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 5.6.2003, V R 32/02

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